# taz.de -- Kommentar: Placebo statt Politik | |
> Die Bundesregierung hat ein weiteres Sicherheitsnetz für Erspartes | |
> geschafften - und sich rhetorisch verheddert. | |
Hurra, unsere Spargroschen sind sicher! Zumindest wenn sie brav auf | |
Sparbüchern, Girokonten oder Tagesgeldkonten liegen. Für die geben | |
Kanzlerin Angela Merkel und Finanzminister Peer Steinbrück jede Garantie. | |
Das wäre doch nicht nötig gewesen! | |
Wäre es tatsächlich nicht. Das Sicherungssystem in Deutschland war nämlich | |
schon vor dem vergangenen Wochenende gut, viele Kundenkonten sind bereits | |
doppelt abgesichert: durch den gesetzlichen Schutz und den der jeweiligen | |
Dachverbände von Banken und Sparkassen. Darauf hat übrigens Steinbrück | |
selbst in den vergangenen Wochen immer wieder hingewiesen. Und jetzt spannt | |
er mit der Kanzlerin - zumindest verbal - ein weiteres Netz. Dabei | |
verheddert sich die Bundesregierung allerdings in handwerklichen Fehlern. | |
Offenbar wussten Merkel und Steinbrück am Sonntag nicht, mit wie viel Geld | |
sie notfalls geradestehen müssen. Gut 500 Milliarden Euro hieß es zunächst, | |
über eine Billion Euro gestern. Was soll die Bitte des Regierungssprechers, | |
nicht zu viele Detailfragen zu stellen? Warum soll die Zusage nicht durch | |
ein Gesetz justiziabel werden? Und was ist das für ein Schutzschirm und | |
Plan B, den Steinbrück andeutet, ohne konkret zu werden? | |
Zugegeben, der Mann ist um seinen Job nicht zu beneiden. Unfähige oder | |
skrupellose Banker verzocken Milliarden und rufen nach dem Staat, wenn es | |
schiefgeht. Schwer abzuschätzen, wie groß die Gefahr ist. Und selbst wenn | |
er alles wüsste, täte Steinbrück gut daran, nicht alle Horrorszenarien vor | |
den Fernsehkameras auszumalen. Zu groß ist die Gefahr von Panikreaktionen | |
aus Unwissen und Unsicherheit. | |
Doch die Aktion vom Sonntag und die Nachträge der Regierungssprecher vom | |
Montag sind nicht geeignet, die Ängste zu vertreiben. Im Gegenteil, sie | |
nähren neue Spekulationen. Könnte nicht alles noch viel dramatischer sein | |
als angenommen? Reicht das bisherige Sicherheitssystem vielleicht doch | |
nicht? Warum muss man uns ausdrücklich sagen, dass wir ruhig schlafen | |
können? Das könnten wir, wenn wir das Krisenmanagement in guten Händen | |
wüssten. Eine politische Beruhigungspille aber, die vor allem auf den | |
Placeboeffekt setzt, hilft keinem. | |
7 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Stephan Kosch | |
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