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# taz.de -- Börsengang Deutsche Bahn: Einstecken - und Klappe halten
> Der Börsengang der Deutschen Bahn wirft seine Schatten: Mit dem neuen
> Winterfahrplan werden im Norden viele Nachtzug-Verbindungen und alle
> Wintersportzüge gestrichen. Die Mitarbeiter sollen auf Abruf arbeiten.
> Darüber reden dürfen sie nicht
Bild: Dieser Nachtzug-Mitarbeiterin der Deutschen Bahn könnte das Lächeln bal…
Die direkte Nachtzug-Verbindung von Hamburg über Bremen nach Brüssel und
Paris wird mit dem Winterfahrplan der Deutschen Bahn eingestellt.
Gestrichen werden auch die Nachtzug-Verbindungen von Bremen nach Basel und
Zürich sowie sämtliche Wintersport-Expresszüge in die ausländischen
Wintersportgebiete ab Hamburg und Hannover. Gerade die Wintersportzüge
seien "sehr beliebt und immer gut gefüllt" gewesen, berichtet Hans-Peter
Dreller von der "Gruppe kritische Bahner im Nachtzug-Verkehr".
Hintergrund ist der Börsengang der Deutschen Bahn. Bundesfinanzminister
Peer Steinbrück (SPD) hat ihn zwar angesichts der Krise auf den
Finanzmärkten auf unbestimmte Zeit verschoben, dennoch laufen bereits jetzt
die Umstrukturierungen im DB-Konzern, um den Aktionären die versprochenen
Renditen zu gewährleisten und den Gewinn bis 2011 zu verfünffachen.
Betroffenen ist auch die Bahntochter "European Railservice", die mit 700
Angestellten das Personal für Service- und Zugbegleitung der DB Nacht- und
Autozüge stellt. Die Mutterfirma DB AutoZug soll mindestens 13 Millionen
Euro einsparen.
Bahn-Insider vermuten, dass die Bahn Züge auflösen möchte, um getreu einer
Studie der Unternehmensberatung KCW Wartungs- und Reparaturkosten zu senken
und Neuinvestitionen zu vermeiden. Jede Neuinvestition solle laut Bahnchef
Hartmut Mehdorn 16 Prozent Rendite bringen, so ein Insider. "Das ist
natürlich in diesem Segment unerreichbar."
Aber auch das Personal bekommt den Druck des Börsengangs zu spüren. So
möchte Railservice am Tarifvertrag rütteln, der mit der Gewerkschaft
Nahrung Genuss Gaststätten (NGG) noch für die früheren
Vorgängergesellschaft Mitropa ausgehandelt worden war. "Es gibt Forderungen
nach Verschlechterungen, darüber ist auch schon verhandelt worden",
bestätigt NGG-Sprecherin Karin Vladimirov. "Konkrete Ergebnisse" seien aber
nicht in Sicht.
Rund 20 Prozent Lohnkosten möchte Railservice einsparen - Umsatzprovisionen
und Überstundenzuschlägen sollen gestrichen werden, ebenso der monatliche
Arbeitszeitausgleich. Schon in den letzten Jahren sei eine
Arbeitsverdichtung zu spüren gewesen, berichtet eine Betroffene. "Waren
früher neun Leute für einen Autozug zuständig, sind heute nur noch sechs
Mitarbeiter an Bord."
"Das Unternehmen strebt eine völlige Flexibilisierung der Arbeitszeiten
an", berichtet auch Hans-Peter Dreller, der früher
Railservice-Gamtbetriebsrat in Hamburg war. Wenn es nach der Bahn gehe,
sollten die Mitarbeiter in der Sommersaison 70 Wochenstunden ohne freie
Tage arbeiten, umgekehrt sollen bei Nichtauslastung sehr kurzfristig
Arbeitsabsagen ohne Bezahlung erfolgen. Bislang sind kurzfristige
Arbeitsausfälle bezahlt worden.
Auch wenn von Entlassungen bei Railservice momentan noch keine Rede ist,
werde sich die Maßnahme auf die Jobs auswirken. "Hamburg wird ziemlich
betroffen sein", befürchtet Dreller. Schon jetzt seien die Mitarbeiter
angewiesen worden, Überstunden- und Urlaubskonten abzubauen.
Über das alles dürfen die Railservice-MitarbeiterInnen offiziell aber nicht
reden. In einem Brief der Deutschen Bahn, der der taz vorliegt, ist ihnen
das verboten worden. Die Angestellten werden darin angewiesen, sich als
Bahnangehörige und -repräsentanten in den Zügen und Bahnhöfen nicht über
betriebliche Vorgänge zu äußern. "Aufrund strenger rechtlicher
Einschränkungen ist es in keinem Fall erlaubt, sich als Vertreter des
Unternehmens gegenüber den Kunden zum Prozess des Börsengangs zu äußern",
so der Hamburger Niederlassungsleiter Wolfgang Dietz in dem Brief. Dies
gelte insbesondere dann, "wenn sie als Vertreter des Unternehmens nach
einer Kaufentscheidung für die Aktie, nach dem Zeitpunkt des Börsengangs
oder nach ihrer Einschätzung zur Teilprivatisierung gefragt werden."
19 Oct 2008
## AUTOREN
Magda Schneider
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