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# taz.de -- Fünf Milliarden Hilfe im Gespräch: Rätselraten um Verluste der B…
> Bayerns Grüne gehen davon aus, dass die bayrische Landesbank mehr Geld
> brauchen wird als bisher bekannt. Erwin Huber will dennoch Finanzminister
> bleiben.
Bild: Mitzahlen fürs Bundesrettungspaket und Hilfe für die eigene Landesbank …
Bis zum Wochenende schien sie nichts aufhalten zu können. FDP und CSU
hatten bei den Verhandlungen zur Regierungskoalition alles Strittige aus
dem Weg geräumt, die Schulpolitik, selbst die Debatte über die innere
Sicherheit. Aber dann kamen die Herren von der Sparkasse.
Siegfried Naser, Präsident des bayerischen Sparkassenverbands und der
Vorstandsvorsitzende der Bayerischen Landesbank, Michael Kemmer, sollten
die zukünftigen Regierungspartner über die aktuelle Lage bei der Landesbank
informieren, ganz vertraulich. Drei Stunden später wurden die
Koalitionsverhandlungen gestoppt. Erst am Mittwoch soll es weitergehen,
wenn verlässlichere Zahlen vorliegen. Die neue Regierung hat noch nicht
einmal ihre Minister bestimmt, und schon ist sie handlungsunfähig -
lahmgelegt von der vernichtenden Bilanz der eigenen Landesbank.
Zwischen drei und fünf Milliarden Euro würden dringend benötigt, teilte der
Sparkassenchef Naser den geschockten Politikern laut Süddeutscher Zeitung
mit. Landesbankchef Kemmer wollte sich dagegen noch gar nicht festlegen,
wie viel Geld denn eigentlich fehle. Im Moment prüfe man noch den
Kapitalbedarf, sagte ein BayernLB-Sprecher am Montag. Bayerns
Finanzminister Huber hat am Wochenende schon einmal Bedarf beim neuen
500-Milliarden-Rettungsfonds der Bundesregierung angemeldet.
"Ich würde mich wundern, wenn wir mit weniger als fünf Milliarden Euro
auskommen könnten", sagt der haushaltspolitische Sprecher der Grünen im
bayerischen Landtag, Eike Hallitzky, der taz. Er habe Informationen, dass
die BayernLB nicht nur bei der amerikanischen Pleitebank Lehman Brothers,
sondern auch beim kriselnden Handels- und Touristikkonzern Arcandor und im
Milliardenumfang in Island investiert habe. Dazu kommen noch die Verluste
aus dem Engagement der BayernLB am kollabierten US-Immobilienmarkt. Wo auch
immer im Zuge der Finanzkrise eine Möglichkeit lauerte, Kapital zu
versenken, die Landesbank scheint sie genutzt zu haben.
Dabei hätten die Geschäfte bis vor drei Jahren gar nicht besser laufen
können. Die Gewährträgerhaftung - das Land Bayern bürgte für mögliche
Verluste der Landesbank - sicherte dem Institut eine Kreditwürdigkeit und
Liquidität, von der seine Konkurrenten nur träumen konnten. Auf Druck der
EU fielen diese Bürgschaften Mitte 2005 weg.
Der Vorstand fand schnell einen Ausweg: Die BayernLB sollte massiv in
Kreditderivate investieren, Papiere, die viele Schuldverschreibungen
zusammenfassten. Im Oktober 2005 beschloss man, über die nächsten Jahre
58,2 Milliarden Euro in solche Derivate zu investieren. Dazu kam es nie.
Als die Immobilienblase in den USA platzte, stoppte die Landesbank im März
2007 den Kauf von Derivaten, hat aber weiterhin über 20 Milliarden Euro in
den kaum noch verkäuflichen Papieren angelegt.
Die bayerische Regierung schaute dem Treiben recht tatenlos zu - und das
aus nächster Nähe. Fünfzig Prozent an der Landesbank gehören den
bayerischen Sparkassen, 50 Prozent dem Land selbst. Hohe Mitglieder der
Landesregierung sitzen im Verwaltungsrat der BayernLB. Ihr Vorsitzender,
Finanzminister Erwin Huber, soll eigentlich die Geschäfte des Vorstands
überwachen. Als sich Anfang 2008 die Hinweise auf Milliardenverluste
verdichteten, wollte Huber lange öffentlich keine Zahlen nennen. Die
Verwaltungsratsmitglieder hatten dem Vorstand gegenüber Stillschweigen
vereinbart. Ein Untersuchungsausschuss gegen Huber dokumentierte zwar, dass
der Minister viel verschwiegen hatte, Konsequenzen für ihn hatte das aber
nicht.
Die Landesregierung beschloss, einen eigenen Risikoschirm gegen weitere
Milliardenverluste der Bank zu installieren. Mehr als ein Entwurf liegt
bisher nicht vor. Seit Samstag gibt es einen Rettungsfonds des Bundes. Kurz
danach kündigte Huber an, ihn für die Landesbank in Anspruch zu nehmen. Ein
Zufall kann das kaum sein.
"Erwin Huber sagt seit einer Woche nicht die Wahrheit", meint Eike
Hallitzky von den Grünen. Noch vor einer Woche hatte sich die bayerische
Staatsregierung massiv gegen eine Beteiligung der Länder am Rettungsfonds
des Bundes stark gemacht. Die Länder sollten selbst für die Verluste ihrer
Landesbank aufkommen, forderte die Staatsregierung. Am Mittwoch sprach
Finanzminister Huber mit Vertretern der Landesbank. Am Donnerstag
unterstützte die bayerische Regierung auf einmal das Vorhaben des Bundes.
Man könne heute noch nicht sagen, wie die BayernLB von dem Rettungspaket
profitieren könne, sagte Huber in einer Sondersitzung des Landtags. Wie
schlimm die Situation der Bank schon da war, verschwieg er. Huber rechnet
sich auch in einer neuen Regierung Chancen aus, Finanzminister zuwerden.
Wenn es bei dem geschätzten Bedarf von knapp 5 Milliarden Finanzspritze für
die BayernLB bleibt, dürften harte Zeiten auf Bayern zukommen. Zu den 1,4
Milliarden, die Bayern schlimmstenfalls für den Rettungsfonds zuschießen
muss, müsste das Land auch für die Hälfte der Hilfe für die BayernLB
geradestehen.
21 Oct 2008
## AUTOREN
Bernhard Hübner
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