# taz.de -- Kommentar Fangquoten: Dorsch gut, Hering schlecht | |
> Ob die europäische Fischereipolitik langsam auf einen Kurs der Weitsicht | |
> einschwenkt und damit den Interessen aller Beteiligten dient - der | |
> Fische, der Fischer und der Fischesser -, wird sich schon bald zeigen. | |
Bild: Die Fischer dürfen im nächsten Jahr 39 Prozent weniger Hering aus der O… | |
Die EU-Fischereiminister haben mit einer jahrzehntelang gepflegten | |
Tradition gebrochen: Bei der Festlegung von Fangquoten für Dorsch und | |
Hering in der Ostsee werden sie erstmals nur ungefähr so viel Fisch zum | |
Fang freigeben, wie nachwachsen kann. Das ist ein schwacher Lichtstreif am | |
bisher nachtschwarzen Horizont von Europas Fischbeständen. | |
Bislang war die gemeinsame Fischereipolitik der EU ein trauriges Beispiel | |
dafür, wie aus nationalen Egoismen die Naturressource Fisch in den Ruin | |
gewirtschaftet wurde. Alljährlich gaben die Minister Fangquoten frei, die | |
weit über den wissenschaftlichen Empfehlungen lagen. 88 Prozent von Europas | |
Fischbeständen, bekennt die EU-Kommission selbst, sind derzeit überfischt - | |
trauriges Ergebnis von 30 Jahren Missmanagement. | |
Die Entscheidung vom Montag, in der Ostsee wirklich nur so viel Dorsch | |
fangen zu lassen, wie die Forschung empfohlen hat, kann man als ersten Sieg | |
der - auch wirtschaftlichen - Vernunft werten. Allerdings behauptete sich | |
die gewohnte Unvernunft beim Ostseehering: Die empfohlene Fangreduzierung | |
wurde nur teilweise umgesetzt. Der deutsche Staatssekretär Gert Lindemann | |
ging sogar so weit, die Forschungsergebnisse als "wissenschaftlich nicht | |
herleitbar" zu verunglimpfen. | |
Ob die europäische Fischereipolitik langsam auf einen Kurs der Weitsicht | |
einschwenkt und damit den Interessen aller Beteiligten dient - der Fische, | |
der Fischer und der Fischesser -, wird sich schon bald zeigen. Noch vor | |
Jahresende werden die Fangquoten für Nordsee, Atlantik und Mittelmeer | |
festgelegt. | |
Als eine interessante Fernwirkung könnte ein solcher Politikwechsel den | |
Beitritt Islands zur EU fördern. Die von der Finanzkrise geschüttelte Insel | |
hat sich bisher vehement gesträubt, ihre nachhaltige Fischereipolitik dem | |
Wahnsinn der EU-Vorgaben zu opfern. Besser wäre allerdings, die EU | |
übernähme einfach die isländischen Regelungen. Außer den Meerestieren auf | |
der isländischen Krone, die dem Euro weichen würde, ginge es dann allen | |
Fischen besser. RAINER BORCHERDING | |
29 Oct 2008 | |
## AUTOREN | |
Rainer Borcherding | |
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