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# taz.de -- Hick-Hack um Nominierung: Kein Preis für Herzklappen
> Die Herzspezialisten aus Hannover waren für den Deutschen Zukunftspreis
> nominiert, dann wurden sie wieder gestrichen: Als Grund wurden
> Patentstreitigkeiten angegeben.
Bild: Von der Liste gestrichen: Herzchirurg Axel Haverich.
Ein Streit um Patentrechte an Ersatzherzklappen hat bei der Auswahl der
Kandidaten für den Zukunftspreis des Bundespräsidenten zu einem bislang
einmaligen Vorgang geführt. Die Jury des Zukunftspreises nominierte
zunächst den bekannten hannoverschen Transplantationschirurgen Axel
Haverich als einen von vier Aspiranten auf die mit 250.000 Euro dotierte
Auszeichnung.
Zwei Wochen später wurde Haverich und seinem Team von der gleichen Jury die
Nominierung wieder entzogen. Das war vorher noch keinem nominierten
Bewerber des Preises passiert, den der Bundespräsident seit 1997
alljährlich verleiht.
Hintergrund der unrühmliche Denomination sind Streitigkeiten zwischen
Haverich und dem an der Charité tätigen Berliner Herzchirurgen Professor
Wolfgang Konertz. Beide setzen an Stelle der üblichen Ersatzherzklappen aus
Plastik seit Jahren von allen Zellen befreite Spenderklappen ein. Die
elastischen Kollagengerüste, die nach der Entfernung der Zellen übrig
bleiben, werden dann vom Körper nach und nach mit eigenen Zellen besiedelt.
Beide Chirurgen haben zudem mit Unterstützung ihrer Hochschulen Firmen zur
Vermarktung ihres Verfahrens gegründet, an denen sie persönlich als
Gesellschafter beteiligt sind. Auch haben beide Patente angemeldet.
Bei den beiden Transplantationsverfahren gibt es einen gewichtigen
Unterschied. Konertz arbeitet mit Herzklappen von Schweinen, Haverich
gewinnt seine Klappen aus menschlichen Herzen.
Nach Aussage von Haverich haben die aus menschlichen Gewebe gewonnenen
Kollagengerüste der Klappen den Vorteil, dass sie nach der Besiedlung mit
Zellen vom Körper vollständig als eigenes Gewebe akzeptiert werden. Die
vormals fremden Herzklappen würden deswegen bei Kindern mit dem Herzen
mitwachsen. Normalerweise müssten bei Kindern implantierte Herzklappen alle
vier Jahre in einem weiteren Eingriff erneuert werden, sagte Haverich. Nur
bei seinen Herzklappen sei dies nicht der Fall.
Haverich bezeichnet deswegen sein Vorgehen als "weltweit einmalig". Sein
Team bestehe aus den einzigen Medizinern, die mitwachsende Herzklappen
entwickelt und den Langzeiterfolg dieser Behandlung in Studien belegt
hätten, betonte er.
Die in Berlin von der Charité gegründete Firma "Autotissue" hat allerdings
Zweifel an Haverichs Erfolgen. "Was das Wachstum der implantierten
Herzklappen angeht, so ist die Beweislage in allen Fällen unsicher", sagte
der Chefentwickler von Autotissue, Wilhelm Erdbrügger. Allerdings seien die
Hannoveraner "in Bezug auf das Einsetzen der Klappen bei Kindern durchaus
einmalig".
In Berlin habe man auch mit menschlichen Herzklappen begonnen. Dann sei man
aber sehr schnell auf Schweineklappen umgestiegen, weil ein Mangel an
menschlichen Geweben absehbar war. "Außerdem sehen wir ein Problem darin,
aus menschlichen Herzen gewonnene Spenderklappen zu verkaufen", so
Erdbrügger.
Zum Patentrechtstreit zwischen Berlin und Hannover kam es aus einem anderen
Grunde. Patentieren kann man nicht die Herzklappen, sondern nur das
Verfahren, mit dem sie von Zellen befreit werden. Nach Angaben von
Erdbrügger wird dabei in Berlin und Hannover Gallensäure eingesetzt.
Autotissue habe Verfahren mit Gallensäure 2000 und 2004 zum Patent
angemeldet. Ein Patentantrag aus Hannover, der 2008 bekannt geworden sei,
beruhe auch auf dem Einsatz von Gallensäure. "Wir prüfen daher rechtliche
Schritte gegen die Firma von Professor Haverich. Wir sind aber auch offen
für eine außergerichtliche Einigung", sagte Erdbrügger.
Nach Angaben der Jury ist für eine Nominierung zum Zukunftspreis
Voraussetzung, dass alle Patentfragen geklärt sind. Die Tatsache, dass
Haverich sein Verfahren zuerst bei Kindern in Moldawien anwandte, habe
dagegen keine Rolle bei der Denomination gespielt, sagte eine Sprecherin
des Gremiums.
Erprobt wurden die von Haverich entwickelten Herzklappen erstmals 2002 in
Moldawien. Dort wurde die allererste mitwachsende Herzklappe einem
elfjährigen Jungen implantiert. In den vergangenen sechs Jahren folgten
dort 21 weitere Implantationen. Bis auf einen waren alle diese Eingriffe
erfolgreich.
31 Oct 2008
## AUTOREN
Jürgen Voges
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