# taz.de -- "Ein Quantum Trost": James Bond auf Diät | |
> Keine Gadgets, wenig Witze, selbst die Cocktails brauchen keine | |
> Raffinesse. "Ein Quantum Trost" mit Daniel Craig setzt auf Purismus - | |
> nur: Was bleibt dann noch von Bond? | |
Bild: Aua, Blut! In "Ein Quantum Trost" gibt es zumindest viel, viel Action. | |
Es war eine Schlüsselszene: Auf die Frage, ob er seinen Martini gerührt | |
oder geschüttelt haben wolle, antwortete Daniel Craig in "Casino Royal": | |
"Do I look like I give a damn?" Man musste kein Bond-Spezialist sein, um | |
herauszuhören, dass dieser Bond anders sein wollte als seine Vorgänger. | |
Daniel Craigs ungeschliffene Antwort verriet nämlich etwas so Un-Bondhaftes | |
wie Hektik. Auch Sean Connery, Roger Moore oder Pierce Brosnan hatten es | |
schon mal eilig, es fehlte ihnen jedoch nie an der Zeit, noch eine spitze | |
Bemerkung zu machen wie etwa "So viel Stress, nur um die Welt zu retten!" | |
Meist waren diese Sentenzen gesättigt mit sexistischen Untertönen: "Schluss | |
jetzt mit dem Vorspiel!" Oder enthielten in der Beantwortung einer Frage | |
wie "Zerstören Sie jedes Fahrzeug, in das Sie einsteigen?" das nötige | |
Quäntchen Selbstironie: "Das ist die übliche Vorgehensweise. Jungs & ihre | |
Spielzeuge." | |
An Stelle dieser kleinen Anmerkungen mit ihrer speziellen Mischung aus | |
Sadismus, Zynismus und Macho-Attitüde traten in "Casino Royal" Dialoge, die | |
in Tempo und Ausgefeiltheit eher an einen Film noir der 40er-Jahre | |
erinnerten. Es gab weniger Witzchen, dafür aber mehr Scharfzüngigkeit. Das | |
Schockierende an "Ein Quantum Trost" ist nun die absolute Armut an | |
Dialogen. Statt Wortwechsel gibt es fast nur noch Blickwechsel. | |
Präsentierte sich Craigs neuer Bond in "Casino Royal" bereits in einer sich | |
stark auf die "Basics" konzentrierenden Form, so erscheint er in "Ein | |
Quantum Trost" noch weiter reduziert. Wären da nicht die spektakulären | |
Actionszenen, fast könnte man von einem Spar- und Krisen-Bond reden. | |
Wenn also dieser Tage die Fetischisten ins Kino rennen, die Länge der | |
Eröffnungssequenz mit der Stoppuhr messen, die Bondgirls und den | |
Bondbösewicht beurteilen und überhaupt nach Einhaltung all der Standards | |
Ausschau halten, die das Franchise bislang geprägt haben, dann ist diesmal | |
eine Liste von Defiziten das Ergebnis. Nicht nur, dass "Quantum" mit 106 | |
Minuten ein vergleichsweise kurzer Film ist und die legendäre | |
Bondthemenmusik erst zu den Schlusscredits ertönt, es gibt auch keinerlei | |
Spiel mit irgendwelchen Gadgets wie Laserstrahl-Kugelschreibern. Bond | |
verführt nur an einer Stelle eine Frau und selbst ihr hat er sich nicht mit | |
dem klassischen "Bond. James Bond" vorgestellt. Vor allem aber: Es gibt | |
kaum eine Spur mehr vom üblichen Humor. Es sei denn, man findet einen | |
Dialog lustig wie: "Wie lang habe ich noch?" - "30 Sekunden." - "Das lässt | |
uns nicht viel Zeit." | |
Zum Teil erkennt man darin die konsequente Fortsetzung der in "Casino | |
Royal" begonnenen Überarbeitung der Erfolgsmarke. Zum Teil aber kann man | |
sich des Eindrucks nicht erwehren, dass die Drehbuchschreiber nicht genug | |
Zeit hatten, um an ihren Ideen zu feilen. Selbst der Aktualität heischende | |
Einfall, dass der von Mathieu Amalric gespielte Bösewicht Dominic Greene | |
nach außen den "grünen" Ökohelden spielt, während er am "alten Traum der | |
Weltherrschaft" arbeitet, wirkt provisorisch statt durchdacht. | |
Was "Ein Quantum Trost" bietet, ist eine umstandslose Abfolge von fein | |
ausgearbeiteten Actionszenen: eine Autoverfolgungsjagd in den kurvigen | |
Straßen am Gardasee, die Fortsetzung davon zu Fuß in der den Palio | |
feiernden Menschenmenge in Siena, später dann eine | |
Motorjachtverfolgungsjagd im Hafen von Port-au-Prince und einen | |
spektakulären Kampf in und mit einem Frachtflugzeug über den bolivianischen | |
Anden. Das Finish ereignet sich in einem brennenden Hotel in der Wüste. So | |
opulent das klingt, folgt der Film auch darin einem neuen Purismus. Es ist, | |
als würden die Grundelemente durchdekliniert: Erde, Wasser, Luft, Feuer. | |
Zwischendurch sieht man Daniel Craig an der Seite des Bondgirls Olga | |
Kurylenko mit abgerissenen, staubigen Kleidern aus der Leere einer | |
trocken-kargen Landschaft herauslaufen: schweigend, wie zwei verlassene | |
Märchenkinder. Nicht umsonst hat es diese Szene zum Plakatstatus gebracht, | |
steht sie doch fast sinnbildlich für das Ablegen des üblichen | |
Bond-Ballasts. Doch am Ende drängt sich die Frage auf, was eigentlich von | |
Bond übrig bleibt, wenn man ihn so weit reduziert? | |
Wer allzu unbefriedigt aus "Ein Quantum Trost" herauskommt, sollte sich | |
vielleicht ins Bewusstsein rufen, dass man Sätze wie "Sie heißen Penny? | |
Ihre Auslage ist mehr wert" nicht unbedingt vermisst. Wie überhaupt die | |
Richtung der Bonderneuerung Respekt abnötigt, denn sie scheint sich | |
entgegen den Erwartungen nicht an dem auszurichten, was man üblicherweise | |
für den Geschmack der wichtigsten Zielgruppe, der 14- bis 29-Jährigen, | |
hält. Im Wichtigsten bleiben die Macher paradoxerweise damit der | |
Fleming-Figur treu, die schon unzeitgemäß war, als sie erfunden wurde: Bond | |
mit seinen Tuxedo-Anzügen und den entsprechenden Manieren, den Drinks, | |
Zigarren und Casinos verkörperte nie Jugend-, sondern Erwachsenenkultur, | |
samt den klaren Feindbildern und recht simplen Vorstellungen von luxuriöser | |
Freizeitgestaltung wie Kartenspiel, Segeljachten und Skifahren. Man denke | |
an die Erwähnung der Beatles in einem Dialog aus "Goldfinger" (1964): "Man | |
trinkt keinen 53er Dom Perignon, der eine Temperatur über 8 Grad hat. Das | |
wäre genau so, als wenn man den Beatles ohne Ohrenschützer zuhören würde!" | |
Wenn Daniel Craig als Bond auch kaum mehr dem Hedonismus frönt, die | |
arrogante Distanz zur Popkultur wahrt er noch immer mühelos. | |
5 Nov 2008 | |
## AUTOREN | |
Barbara Schweizerhof | |
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James Bond | |
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