# taz.de -- El Salvador: Mordanklage gegen Ex-Präsidenten | |
> Neunzehn Jahre nach dem Mord an sechs Jesuiten soll Exstaatschef | |
> Cristiani dafür vor Gericht. Vorbild der Klage in Spanien ist der Fall | |
> des chilenischen Diktators Pinochet. | |
Bild: 16. November 1989: Ein Spezialkommando der Arme hat die Jesuitenpriester … | |
SAN SALVADOR taz In der Regierungszeit von Alfredo Cristiani, von 1989 bis | |
1994 Präsident von El Salvador, gibt es zwei besondere Tage. An einen | |
erinnert sich der Politiker der rechten Arena-Partei gern: An den 16. | |
Januar 1992, als er mit der linken Guerilla der FMLN nach zwölf Jahren | |
Bürgerkrieg einen Friedensvertrag abschloss. Seine Parteifreunde nennen ihn | |
deshalb bis heute den "Friedenspräsidenten". Den anderen Tag würde | |
Cristiani am liebsten vergessen: Am 16. November 1989, mitten in der | |
größten Offensive der FMLN, wurden sechs Jesuiten und zwei ihrer | |
Hausangestellten ermordet. Fünf von ihnen waren Spanier. Die Fotos der | |
abgeschlachteten Priester in Schlafanzügen im Garten der von ihnen | |
geleiteten Zentralamerikanischen Universität (UCA) gingen damals um die | |
Welt. Ein Spezialkommando der Armee hatte die regierungskritischen Jesuiten | |
ermordet. | |
Am Sonntag jährt sich das Massaker zum 19. Mal. Drei Tage zuvor reichten | |
die spanische Vereinigung für Menschenrechte (APDHE) und das | |
US-amerikanische Zentrum für Gerechtigkeit und Verantwortung (CJA) in | |
Madrid eine Klage gegen Cristiani ein. Als oberster Chef der Streitkräfte | |
habe er im Fall des Jesuitenmassakers ein Verbrechen gegen die | |
Menschlichkeit gedeckt. Die Klage richtet sich gegen ihn und vierzehn | |
hochrangige Militärs, die das Massaker angeordnet hatten. | |
"Die Klage ist die logische Folge daraus, dass der Fall in El Salvador | |
nicht strafrechtlich verfolgt wird", sagt José María Tojeira, derzeit | |
Rektor der UCA. Zwar waren 1991 zwei einfache Soldaten verurteilt worden. | |
Aber schon zwei Jahre später wurden sie aus der Haft entlassen. Die | |
Regierung hatte eine Generalamnestie erlassen. Kriegsverbrechen bleiben | |
seither ungesühnt. | |
Die Klage gegen Cristiani in Madrid wurde nun im selbem Justizgebäude | |
eingereicht, in dem 1996 das Verfahren gegen Augusto Pinochet begann. Zwei | |
Jahre später ließ Untersuchungsrichter Baltasar Garzón den chilenischen | |
Exdiktator in London mit einem internationalen Haftbefehl festsetzen. "Wir | |
kennen den Ablauf", sagt Tojeira. "Wir haben den Fall Pinochet studiert." | |
Diesmal ist nicht Garzón, sondern Eloy Velasco der Untersuchungsrichter, | |
der prüfen muss, ob ein Verfahren eröffnet wird. | |
Versuche der UCA, den Fall vor salvadorianische Gerichte zu bringen, | |
schlugen fehl. Zuletzt im Jahr 2000 wurde eine Klage gegen Cristiani mit | |
dem Hinweis auf die Generalamnestie abgewiesen. Kurz darauf entschied der | |
oberste Gerichtshof zwar, eine Regierung könne sich nicht selbst | |
amnestieren - trotzdem ist Cristiani bis heute ein unbescholtener Mann. | |
"Cristiani ist und bleibt unser Friedenspräsident", sagt der derzeitige | |
Präsident Antonio Saca, ebenfalls Arena. "Alte Wunden wieder zu öffnen, ist | |
kein Weg zur Versöhnung." UCA-Rektor Tojeira schüttelt da nur den Kopf. | |
"Das ist ideologisch-mentale Barbarei", sagt er. "In allen Zivilisationen | |
sind Recht und Gerechtigkeit dazu da, Wunden zu heilen." | |
14 Nov 2008 | |
## AUTOREN | |
Cecibel Romero | |
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