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# taz.de -- Fernsehfilm-Festival Baden-Baden: Sparen-Sparen
> Das Fernsehfilm-Festival Baden-Baden verausgabte sich in diesem Jahr
> weder finanziell, noch was die Leidenschaftlichkeit der Diskussionen
> anging.
Bild: Die Regisseurin Connie Walther bekam einen Preis für die Fernsehprodukti…
BADEN-BADEN taz Die Finanzkrise ist nun auch in Baden-Baden angekommen: Zum
Auftakt der Gala des Fernsehfilm-Festivals 2008 bat Festivalleiter
Karl-Otto Saur die geneigte Jubelschar, doch bitte mehr zu essen und
weniger zu trinken. Denn das Buffet sei schon bezahlt, der Wein hingegen
werde erst hinterher abgerechnet.
Letzteres ist ja auch das Prinzip der Baden-Badener Leistungsschau: Mit dem
Hauptpreis wurde das Stasi-Drama "12 heißt: Ich liebe dich" (MDR) dekoriert
und stand so auch für das starke deutsch-deutsche Element im Vorjubeljahr
2008, während das etwas überfrachtete ZDF-"Wunder von Berlin" mit seinen
reichlich unnötigen Nebenhandlungen leer ausging. Den Nachwuchspreis
MFG-Star holte mit "Novemberkind" (aktuell im Kino) ebenfalls ein
deutsch-deutscher Stoff. Beide Filme eint trotz aller Unterschiede ein
jedem hohlen Pathos entsagender Blick auf die Realitäten im geteilten
Deutschland, in dem Zwänge und Unrecht so unterschiedlich verteilt waren.
Gleich zwei Sonderpreise gingen an den anderen Festivalsieger, die
WDR-Produktion "Ihr könnt euch niemals sicher sein". Sie erzählt auf
beklemmend nachvollziehbare Weise von einem fast fatalen Verdacht: Der
17-jährige Oliver geht aufs Gymnasium und rappt. Und zwar Texte, die vom
Tod der Lehrer und Schulmassaker an sich handeln. Und weil "die
Erwachsenenwelt von seinem literarischen Text auf die Wirklichkeit
schließt", wie die Jury formuliert, steht der von Ludwig Trepte großartig
gespielte junge Mensch plötzlich allein da. Dafür gabs von der Festivaljury
gleich zwei Sonderpreise für die schauspielerische Leistung sowie das
Drehbuch von Eva und Volker Zahn. Dazu kamen noch der 3sat-Zuschauerpreis
und der Preis der Filmhochschuljury mit Studierenden aus Ludwigsburg,
München und Potsdam.
Wie immer wortgewaltig trug Juror Harry Rowohlt die wohlgesetzte Begründung
vor: Neben "überzeugenden und glaubwürdigen Figuren, einer komplexen
Dramaturgie, einer gegenwärtigen Geschichte, die ohne didaktischen Ballast"
erzählt werde, überzeuge das Drehbuch "durch den lustvollen und genauen
Umgang mit der Sprache". In den wie immer öffentlichen Jurysitzungen war
Rowohlt dagegen sparsamer: Da spießte er eher genüsslich die Kleinigkeiten
auf - und überließ den Rest seinen KollegInnen auf dem Podium.
Doch auch die Juroren- neben TV-Kritikerin Klaudia Wick (Vorsitz),
"Tatort"-Kommissarin Eva Mattes, Regisseur Hendrik Handloetgen, Casterin
Anja Dihrberg sowie Hans-Jürgen Drescher vom Suhrkamp-Verlag - agierten bei
der zum prachtvollen Tribunal im runden Kurhaus-Saal taugenden öffentlichen
Diskussion zu zurückhaltend. Man war sich einig, und selbst wenn man es
einmal nicht war, ging man nicht gleich aufeinander los. "Es war alles
wunderschön. Diese Jury hat auch einen Preis verdient", befand Harry
Rowohlt und nährte damit beim in diesem Jahr ungewöhnlich braven Publikum
die Befürchtung, dass die große Debattier- und Streitfreude, die das
Baden-Badener Festival bislang so unverwechselbar machte, auch dem
Sparzwang zum Opfer gefallen ist.
Auf ihre Weise gespart haben übrigens auch die konfessionellen
Medienfachdienste epd medien (evang.) und Funkkorrespondenz (röm.-kath.).
Sie teilten sich in Baden-Baden in schönster Ökumene - ein Doppelzimmer.
23 Nov 2008
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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