# taz.de -- EU-Afrika-Treffen: Cash für Abschiebung | |
> Die EU hat bei einem EU-Afrika-Treffen auf Ministerebene versucht, ihren | |
> afrikanischen Gesprächspartnern den bereits beschlossenen Migrationspakt | |
> schmackhaft zu machen. | |
Bild: 25.000 Ausländer soll Hortefeux jedes Jahr aus Frankreich abschieben. | |
Bei der zweiten europäisch-afrikanischen Ministerkonferenz über | |
Migrationsfragen am Dienstag in Paris stoßen zwei Welten aufeinander: die | |
Zielländer des Nordens und die Herkunftsländer der Migranten im Süden. Die | |
Vertreter der EU-Länder, angeführt von dem Franzosen Brice Hortefeux, | |
verteidigen ihren "Migrationspakt". Er steckt enge und scharf kontrollierte | |
Grenzen für die "legale" Einwanderung und verschärft die Kontrollen und | |
Sanktionen gegen die "illegale" Einwanderung. Aus Afrika kritisieren | |
Politiker die europäischen "Einbunkerungsabsichten", wie Innenminister | |
Cheijk Tidiane Sy aus dem Senegal anmerkt. Der marokkanische Außenminister | |
Taïb Fassi Fihri fordert "mehr Realismus" und weist auf 30 Millionen | |
zusätzliche Arbeitskräfte hin, die Europa bis ins Jahr 2030 benötige. Der | |
aus Burkina Faso angereiste Außenminister Alain Bédouma Yoda plädiert für | |
mehr Entwicklungsprojekte in den Herkunftsländern und verlangt "flexiblere | |
Einreisebedingungen" nach Europa. | |
Die EU sitzt in Paris am längeren Hebel. Ihre 27 Mitglieder haben den | |
Migrationspakt im Oktober einstimmig abgesegnet. Jetzt geht es nur darum, | |
möglichst viel Unterstützung von den afrikanischen Regierungen zu bekommen. | |
Denn sie sollen nach außen verlagerte Polizeifunktionen für die EU | |
übernehmen. "Partnerschaft bei der Migrationspolitik" heißt das. | |
Das Ziel der eintägigen Konferenz in Paris, an der Vertreter von 60 Ländern | |
und 20 regionalen Organisationen beteiligt sind, ist die Annahme eines | |
Dreijahresplans für eine koordinierte Migrationspolitik. Der Plan besteht | |
aus drei Teilen: erstens die Kontrolle der legalen und - so die | |
französische Wortwahl - "gewählten" Einwanderung; zweitens der Kampf gegen | |
die "illegale" Einwanderung und drittens "Synergien" zwischen Wanderung und | |
Entwicklung. Im Klartext bedeuten diese Ziele, dass die EU ihre Kontrollen | |
in die afrikanischen Herkunftsländer vorverlagert. Dort sollen nicht nur | |
verstärkte Ausreisekontrollen stattfinden, sondern auch abgeschobene | |
Migranten unbürokratisch zurückgenommen werden. Die "Synergie" schließlich | |
besteht darin, dass Europa als Gegenleistung "Entwicklungshilfe" zahlt. | |
Gastgeber Hortefeux geht seit Monaten mit hartem migrationspolitischem | |
Engagement voran. Zum Amtsantritt hat ihm Staatspräsident Nicolas Sarkozy | |
eine Zahl in das Aufgabenbuch geschrieben: 25.000. So viele Ausländer soll | |
Hortefeux jedes Jahr aus Frankreich abschieben. Das ist eine Geste an die | |
rechtsextremen Wähler des Präsidenten. Der Minister hat sich umgehend der | |
buchhalterischen Regel angepasst. Seit er vor 18 Monaten sein Amt antrat, | |
sind an jenen Orten in Frankreich, wo viele Einwanderer ohne Papiere leben, | |
die Razzien häufig geworden. Die betroffenen Ausländer, von denen manche | |
seit Jahren in Frankreich leben, riskieren nun täglich, dass sie zu Hause, | |
im Betrieb und selbst vor Schulen, wo sie ihre Kinder abholen, von der | |
Polizei abgeholt werden. | |
Auch in der Migrationspolitik gegenüber den Herkunftsländern versucht | |
Hortefeux, den anderen Europäern ein Vorbild zu sein. Er hat bereits mit | |
sieben afrikanischen Ländern bilaterale Migrationspakte unterzeichnet, | |
deren Inhalt dem ähnelt, was die EU in Paris mit dem gesamten afrikanischen | |
Kontinent vereinbaren will. Nach dem Senegal, dem Gabun, der Demokratischen | |
Republik Kongo, dem Benin, Tunesien und Mauritius hat er erst am Montag | |
sein siebentes Abkommen mit den Kapverden unterzeichnet. Das stark von | |
Geldern der Auswanderer abhängige Land erklärt sich darin zur | |
Zusammenarbeit beim Kampf gegen "illegale" Migration und zur Rücknahme von | |
aus Frankreich abgeschobenen Migranten bereit. Frankreich will dafür in den | |
nächsten drei Jahren 1 Million Euro ausgeben. Fünf weitere Abkommen dieses | |
Typs sind in Vorbereitung. | |
25 Nov 2008 | |
## AUTOREN | |
Dorothea Hahn | |
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