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# taz.de -- Kommentar Griechenland: Kaputte Demokratie
> Das korrupte "System Hellas" kippt - zu Recht. Ausbaden müssen das nun
> die griechischen Polizisten.
Bild: Tränengaseinsatz vor dem Parlament in Athen.
Der Tod des Schülers Alexis Grigoropoulos markiert einen Wendepunkt. Denn
der berechtigte Protest gegen die Polizeiwillkür wandelt sich zum Aufstand
breiter Schichten gegen das verfilzte und offensichtlich korrupte "System
Hellas", dem aktuell der konservative Ministerpräsident Kostas Karamanlis
vorsteht. Das "System Hellas" zeichnet sich dadurch aus, dass in
Griechenland nur, wer den richtigen Familiennamen trägt, eine politische
Karriere machen kann.
Auch Karamanlis hat seinen Job von Onkel Kostas geerbt, der schon in den
Sechzigern Ministerpräsident war. Genau wie der ist auch er daran gewöhnt,
Krisen auszusitzen - wohlwissend, dass es keine politische Alternative zu
ihm gibt. Und zwar obwohl führende Parteikader wie auch der
Ministerpräsident in zahlreiche Skandale verstrickt sind. Die einzige
parteiinterne Konkurrenz ist die Außenministerin Dora Bakojianni. Die
konservative Parteibasis wünscht sich jedoch eher Pest und Cholera als eine
Ministerpräsidentin Bakojianni. Die Befürchtung ist, sie könnte mit ihrem
wirtschaftsliberalen Kurs die angestammte Wählerschaft vergraulen.
Würde ein Regierungswechsel jetzt von der Straße erzwungen, hätte daher die
sozialistische Oppositionspartei Pasok alle Chancen auf einen Wahlsieg. Mit
deutlichem Vorsprung führt sie Wahlprognosen an. Allerdings fragt sich die
breite Mehrheit der griechischen Wähler, ob der rhetorisch ziemlich fade
Parteiführer Jorgos wirklich das Format eines echten Papandreou hat, also
zum Regierungschef taugt.
Bleiben die beiden linken Parteien KKE (Kommunisten) und das Linksbündnis
Syriza. Die würden aber im Leben kein Bündnis mit der Pasok eingehen, die
sich in der Regierungsverantwortung den Titel "realsozialistisch" im Sinne
von korrumpierbar mehrfach redlich verdient hatte.
Das "System Hellas", das nur den Mitgliedern der jeweiligen politischen
Kaste dient, bietet einfach keine politische Perspektive: Deshalb brennt in
Griechenland die Straße. Ein Polizist, der im Auftrag des Staates Gewalt
ausgeübt hat, hat die aktuelle Krise in Griechenland ausgelöst. Die
griechische Polizei wird sie - stellvertretend für den Staat - ausbaden
müssen.
10 Dec 2008
## AUTOREN
Ioannis Skouras
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