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# taz.de -- Verscheibungspflichtige Medikamente: Medien wollen mit Medizin verd…
> Bisher durften Pharmafirmen in Deutschland nicht für
> verschreibungspflichtige Medikamente werben. EU-Industriekommissar
> Verheugen will das ändern.
Bild: Verheugen will die Leute "optimal über Arzneimittel- und Therapieangebot…
KASSEL taz Der EU-Industriekommissar Günter Verheugen will durchsetzen,
dass Pharmaunternehmen in Deutschland auch für verschreibungspflichtige
Medikamente werben dürfen. Er stellte seine Vorschläge am Mittwoch in
Brüssel vor. Der Angriff auf das Werbeverbot verbirgt sich hinter dem
Begriff "Patienteninformation".
Man wolle den Firmen neue Wege eröffnen, ihre Informationen der breiten
Öffentlichkeit zugänglich zu machen, heißt es aus Verheugens Haus. "Die
Menschen sollen optimal über das Arzneimittel- und Therapieangebot
informiert werden", sagte der Industriekommissar. Schließlich gehe es ja um
ihre Gesundheit. Gleichzeitig solle das Werbeverbot weitgehend erhalten
bleiben.
Seit Monaten gibt es Tauziehen um die Pläne. Mehrfach wurde die Vorstellung
verschoben. In frühen Vorschlägen aus dem Hause Verheugen sollte die
Industrie sogar Informationen über Rundfunk und Fernsehen verbreiten
dürfen. Gesundheitskommissarin Androulla Vassiliou wollte dagegen auch
Zeitungen und Zeitschriften komplett als Werbeträger ausschließen.
Kurzfristig vereinbarte die Kommission nun offenbar, nur Informationswege
im Internet und in "gesundheitsbezogenen Veröffentlichungen" zuzulassen.
Für Stefan Edgeton vom Bundesverband der Verbraucherzentralen ist das
Werbeverbot für Printmedien deutlich aufgeweicht: "Zulässig sind damit auch
Gesundheitsbeilagen von Zeitungen", sagt Edgeton. "Das macht heute fast
jede und deshalb ist das keine Einschränkung." Auch dass die
Veröffentlichungen nur nachträglich kontrolliert werden sollen, sei ein
großes Problem: "Das erleben wir schon jetzt bei illegalen Kampagnen." Bis
eine Abmahnung greife, sei die Kampagne meist schon vorbei.
In den Verheugen-Vorschlägen steht außerdem, dass künftig für Prävention
und Therapie-Möglichkeiten geworben werden darf. "Da muss man besonders
vorsichtig sein", sagt Edgeton. "Das dient ja oft nur dazu, die Patienten
reif für die Behandlung zu machen." Auch Christian Wagner-Ahlfs von der
BUKO-Pharmakampagne lehnt jegliche Lockerung des Werbeverbots ab, "weil die
Pharmaunternehmen keine unbeeinflusste Information geben können". Als
Redakteur der unabhängigen Zeitschrift Gute Pillen, schlechte Pillen weiß
er, wie die Pharmaindustrie auch scheinbar sachliche Informationen
frisiert. "Ergebnisse, die für ein Produkt sprechen, werden bevorzugt
veröffentlicht", sagt er. Bei Informationen über Nebenwirkungen oder über
unliebsame Ergebnisse sehe das anders aus.
Der Leiter des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im
Gesundheitswesen (IQWiG), Peter Sawicki, lehnt das Aufweichen des
Werbeverbots ebenfalls ab. Schon die Informationen für Ärzte seien wenig
fundiert, den Patienten werde es ähnlich ergehen: "90 Prozent der
Informationen, die Ärzte von Pharmavertretern bekommen, sind nicht durch
Studien gestützt. Im besten Falle sind sie unvollständig, im schlimmsten
Falle schlicht falsch und gelogen", sagt er. Das IQWiG hat den staatlichen
Auftrag, für Patienten unabhängige Informationen für Therapiemöglichkeiten
zu erarbeiten.
Aus Industriekreisen verlautet zum Teil, die Verheugen-Vorschläge gingen zu
weit und gingen eher auf die Wünsche von Zeitungsverlegern zurück. Diese
würden mit den Einnahmen aus mehr Pharmawerbung gern Geld verdienen.
"Wir fordern, dass für legal hergestellte Produkte auch geworben werden
darf", sagte Helmut Verdenhalven vom Bundesverband Deutscher
Zeitungsverleger (BDZV) bereits vor zwei Wochen. Es gebe sicher die
Möglichkeit, sachgerechte Formate zu finden. KATJA SCHMIDT
11 Dec 2008
## AUTOREN
Katja Schmidt
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