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# taz.de -- Wahlsieg für Opposition: Ghana schickt die Elefanten weg
> In der von Ghanas Regierung vernachlässigten Volta-Region jubeln alle
> über den nun endgültigen Wahlsieg der Opposition. Regierungsanhänger sind
> schockiert.
Bild: Auch in Achimota feiern die Menschen den Sieg über die Regierungspartei.
Edwin Avornyo will die kommenden Tage nicht aus dem Haus gehen. Er traut
sich nicht. Denn er hat Wettschulden. Vor einem Monat tönte Edwin noch,
seine Partei werde klar die Wahlen gewinnen. Edwin organisiert in Aflao,
einem Ort im Südosten Ghanas an der Grenze zu Togo, die Parteijugend für
die Regierungspartei NPP, die Neue Patriotische Partei. Nach acht Jahren an
der Macht regiert die NPP Ghana jetzt aber nicht mehr. Ihr
Präsidentschaftskandidat Nana Akufo-Addo hat, wie die Wahlkommission am
Samstag endgültig nach einer Nachwahl am vergangenen Freitag verkündete,
die Stichwahl um das Präsidentenamt am 27. Dezember verloren - knapp, mit
49,77 Prozent.
Vor dem ersten Wahlgang Anfang Dezember hatte die Regierungspartei sich
selbst einen Wahlsieg mit 10 bis 15 Prozent Vorsprung vorausgesagt. Edwin
glaubte daran und wettete in Aflao mit Freund und Feind um Bierrunden und
sogar sein Motorrad. Jetzt sagt der 33-Jährige: "Ich gehe nicht aus dem
Haus, sonst lachen sie mich aus!"
In der Straße gegenüber geht es freudiger zu. Vor ein paar Monaten haben
Costo Wotordzor und seine Hausmitbewohner die Eingangstür und Wand mit den
Farben der bisherigen Opposition gestrichen, die ab jetzt Ghana regieren
wird. "NDC House" steht in großen Buchstaben über rot-grün-schwarzen
Hintergrund. "In diesem Hof wohnen nur NDC-Anhänger, und wir haben die Wahl
gewonnen", freut sich Costo Wotordzor, der in dem Grenzort als Spediteur
arbeitet. Aflao wie auch die gesamte Volta-Region gelten als Hochburg der
NDC. Ghanas Altpräsident Jerry Rawlings, der das Land von 1983 bis 2000
regierte, die NDC gründete und immer noch als graue Eminenz viel Einfluss
hat, stammt aus dieser Region. "Die vergangenen acht Jahre war diese Region
wie abgeschnitten, und die NPP richtete ihre Aufmerksamkeit nur auf die
Hauptstadt Accra und ihr Kernland, die Ashanti-Region", sagt Costo
Wotordzor vorwurfsvoll. Ein anderer aus dem Wohnhof schreit dazwischen:
"Jetzt hat die NPP die Quittung dafür bekommen."
Hier in der Volta-Region im äußersten Osten Ghanas, dem Gebiet der
Ewe-Volksgruppe, klagen die Leute über drastisch gestiegene
Lebenshaltungskosten und bröckelnde Infrastruktur. "Wir brauchen bessere
Schulen, bessere Straßen", sagt der Lehrer Hope Senoo. Hadija Salifou, eine
Ladenbesitzerin, fordert eine Joboffensive des künftigen Präsidenten John
Atta Mills, um die Massenarbeitslosigkeit unter Jugendlichen zu überwinden.
Schließlich wagt sich Edwin Avornyo doch noch kurz aus dem Haus. Er springt
schnell in ein Taxi und fährt zum Bürgermeister. Justice Cudjoe ist ein
NPP-Mann wie er. "Die Wahl ist vorbei, und nun geht es nur noch um Ghana",
sagt der Bürgermeister. Er betont, dass die Ghanaerinnen und Ghanaer ihre
Demokratie zu schätzen wissen. "Wir sehen um uns herum, wie es schiefgehen
kann - Elfenbeinküste, Nigeria, Kenia", sagt der Funktionär, der nun sein
Bürgermeisteramt räumen muss. Er sitzt im Garten der schönen Residenz und
genießt noch einmal die Mittagsbrise unter den Bäumen. Justice Cudjoe will
sich nun auf die nächste Wahl in vier Jahren vorbereiten.
Edwin und der Bürgermeister wollen nicht zur Wahlparty auf dem größten
Platz in Aflao. "Ich hoffe, dass die NDC-Fans es nicht übertreiben", sagt
Justice Cudjoe. Was er zu sehen bekommen würde, dürfte ihn auch nicht
begeistern. Denn das Wappentier der NPP, ein Elefant, wollen die
NDC-Anhänger symbolisch in den Busch verscheuchen. "Elefanten gehören in
den Wald, nicht in die Stadt", sagt die NDC-Anhängerin Hadija Salifou. Ihr
Parteisymbol ist ein Regenschirm.
5 Jan 2009
## AUTOREN
Hakeem Jimo
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führte er die Oppositionspartei NDC.
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