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# taz.de -- "Polizeiruf 110" ohne Kommissare: Steimle des Anstoßes
> Der NDR-"Polizeiruf" zieht 2010 von Schwerin nach Rostock um - ohne seine
> Ermittler. Die offizielle Senderbegründung ist wenig überzeugend.
Bild: Der NDR hat sich von seinen Ermittlern Eitner (Markus Tellheim, l.) und S…
Nach dem MDR-"Tatort"-Ermittler Ehrlicher (Peter Sodann) verabschiedet sich
demnächst auch sein Kollege Jens Hinrichs (Uwe Steimle). Der "Polizeiruf
110" aus Schwerin sei "auserzählt", ließ der neue NDR-Unterhaltungschef
Thomas Schreiber verlauten. Skeptiker befürchten, dass das einstige
DFF-Krimiformat damit weiter an Profil verliert, weil dezidierte
Ost-Biografien und die Probleme der neuen Bundesländer zunehmend aus dem
Blick geraten. Das neue Leipziger "Tatort"-Gespann Simone Thomalla/Martin
Wuttke, am Sonntag wieder im Einsatz, könnte überall ermitteln.
Pünktlich zum 30. "Polizeiruf" aus Schwerin am letzten Sonntag spendierte
der Sender Steimle eine lange Nacht im NDR-Fernsehen. Doch wer das als
Zeichen wiederhergestellter Harmonie wertete, täuschte sich, hinter den
Kulissen ging der Streit über den Ermittler mit Kultstatus weiter. Der
kritisierte die Drehbücher und den Umgang mit dem Traditionsformat.
Zuvor hatte der neue NDR-Unterhaltungschef Thomas Schreiber lapidar
erklärt, dass der Krimi aus Mecklenburg-Vorpommern von 2010 an in Rostock
angesiedelt werde. Damit verbunden seien auch neue Ermittler. Das löste
Irritationen aus, zumal die Entscheidung von einem kam, der bislang vor
allem durch überbordenden Ehrgeiz, aber nicht durch besondere Kompetenz im
Fernsehfilm auffiel. Zuletzt war er NDR-Chef für Dokumentation/Kultur,
davor ARD-Korrespondent in London. Inhaltlich begründen mochte Schreiber
seine Entscheidung auf Nachfrage lieber nicht.
Noch 2005 erhielt Steimle gemeinsam mit seinem damaligen Partner Henry
Hübchen und Autorin Beate Langmaack den Grimme-Preis - ausdrücklich für die
Weiterentwicklung des Formats. Zudem zählt Steimle zu den profiliertesten
und vielseitigsten Vertretern seiner Zunft. In Markus Imbodens "Das Konto"
gab er den eiskalten Killer, in "Heimat 3" von Edgar Reitz den tatkräftigen
"Ossi" und bis heute im ZDF-Kabarett "Neues aus der Anstalt" jenen
liebenswerten Sachsen, der so seine Schwierigkeiten mit dem großen
Deutschland hat. Dass er just am letzten Wochenende mit seinem Programm
"Uns fragt ja keener" im Schweriner "Speicher" gastierte, war da eine
bittersüße Pointe.
Denn Steimle nahm stets für sich in Anspruch, sein berufliches und
politisches Umfeld pointiert zu kommentieren. Er machte nie ein Hehl
daraus, als "denkender Schauspieler" handwerkliche Mängel offen
anzusprechen. Das stieß bei Verantwortlichen nicht nur auf Beifall - wie
auch sein politisches Selbstverständnis. "Ich war in der Diktatur und bin
auch in der Demokratie kein Mitläufer", gab er zu Protokoll. Seine
Befindlichkeit im vereinten Deutschland beschreibt er mit dem "Leben in
einem besetzten Land", wo Wessis entscheiden, welche Geschichten aus dem
Osten wie erzählt werden. Einst wurde er von Sachsens MDR-Funkhaus-Chefin
Ulrike Wolf geschasst, weil der das Erfolgsformat "Ostalgie" gegen den
Strich ging. Damals verpflichtete ihn der NDR an der Seite des legendären
Kurt Böwe für den "Polizeiruf" aus Schwerin.
Was dem NDR durch Steimles Abwicklung nach 15 Jahren verloren geht, konnte
im letzten Fall "Schweineleben" begutachtet werden. Eoin Moore inszenierte
mit starken Bildern und leichter Ironie einen brisanten Krimi über die
Fleischindustrie, der belegte, dass stimmig erzählte Geschichten und
überzeugende Darsteller im Fernsehen das Maß der Dinge sind und nicht die
Dienstorte der Ermittler.
17 Jan 2009
## AUTOREN
Rainer Braun
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