# taz.de -- Der Preis des Friedens: Neuer Feldzug im Osten Kongos | |
> Ruandische Soldaten marschieren im Ostkongo ein - mit Billigung | |
> Kinshasas. Sie sollen die Hutu-Milizen besiegen. Der Bevölkerung droht | |
> eine neue Katastrophe. | |
Bild: Krieg statt Frieden im Kongo: Die Kämpfe gehen weiter, die Koalitionen �… | |
Sie kommen lastwagenweise mit schweren Waffen, sie fahren grußlos an den | |
kongolesischen Armeeposten vorbei, und sie beziehen Stellung tief im Busch. | |
So beschreiben Augenzeugen den Einzug der Armee Ruandas im Osten der | |
Demokratischen Republik Kongo, der seit Dienstag vonstatten geht. Rund | |
2.000 Soldaten aus Ruanda, zwei Bataillone, überquerten am frühen Morgen | |
die ruandisch-kongolesische Grenze bei Kibumba, dort, wo nördlich der | |
ostkongolesischen Provinzhauptstadt Goma bisher die Frontlinie zwischen | |
Kongos Regierungsarmee und den Tutsi-Rebellen der CNDP (Nationalkongress | |
zur Verteidigung des Volkes) verlief. Sie zogen in Richtung Norden, ins | |
Rebellengebiet hinein. Offizielles Ziel: die Distrikthauptstadt Rutshuru, | |
größte Stadt im Territorium der CNDP. Tatsächliches Ziel: die Vorbereitung | |
einer Offensive gegen die ruandischen Hutu-Milizen der FDLR im Ostkongo, | |
gemeinsam durchgeführt von Regierungseinheiten Ruandas und Kongos sowie den | |
CNDP-Rebellen und kongolesischen Hutu-Gruppen. | |
"Wir haben die ruandische Armee offiziell eingeladen, sich an der Operation | |
zu beteiligen", erklärte in Kongos Hauptstadt Kinshasa Informationsminister | |
Lambert Mende. Es gehe darum, "die FDLR-Kämpfer freiwillig oder zwangsweise | |
zu repatriieren oder sich zu vergewissern, dass sie Flüchtlingsstatus | |
genießen, was ihnen das Recht verwehrt, Waffen zu tragen." Die Operation | |
werde von Kongos Armee geleitet und solle 15 Tage dauern. In der Praxis | |
fahren die kongolesischen Soldaten jetzt den ruandischen Einheiten | |
hinterher, und diese lassen sich von den ortskundigen CNDP-Rebellen | |
einweisen; von deren Seite heißt es, der Krieg gegen die FDLR könne vier | |
Jahre dauern. | |
Die Rückkehr Ruandas in den Kongo entspricht einer Vereinbarung, die die | |
Regierungen beider Länder vor einigen Wochen trafen. Demnach soll Ruanda | |
dem Kongo militärische Unterstützung im Kampf gegen die FDLR leisten. Die | |
FDLR, teils geführt von für den Völkermord in Ruanda von 1994 | |
Verantwortlichen, kontrolliert große Gebiete Ostkongos und will von dort | |
aus gegen Ruanda Krieg führen. Um dem Kongo die führende Rolle Ruandas im | |
Kampf gegen die FDLR schmackhaft zu machen, bewog Ruanda die mit ihm | |
verbündeten ostkongolesischen CNDP-Rebellen des Tutsi-Generals Laurent | |
Nkunda dazu, letzten Freitag die Einstellung ihres Kampfes zu verkünden. | |
Der Krieg im Ostkongo war damit vorbei. "Jetzt schießen wir alle in die | |
gleiche Regierung - auf die FDLR", erklärte ein CNDP-Offizieller der taz. | |
Einige zivilgesellschaftliche Gruppen im Ostkongo, die noch am Wochenende | |
das Ende des Krieges im Ostkongo gefeiert hatten, protestieren jetzt und | |
fordern Ruandas sofortigen Rückzug, wohl in Unkenntnis dessen, dass Ruandas | |
Einmarsch und die Waffenruhe seitens der CNDP zwei Seiten der gleichen | |
Entwicklung sind. Ruandas Armee stand bereits zwischen 1996 und 2002 im | |
Ostkongo, damals noch als faktische Besatzungsmacht. | |
Die internationale Gemeinschaft ist ebenfalls außen vor. Die UN-Mission im | |
Kongo (Monuc) wurde erst am Montagabend von Ruanda über die bevorstehende | |
Truppenentsendung informiert. Während die Ruander einrückten, riegelte | |
Kongos Armee das Gebiet weiträumig ab und ließ nicht einmal UN-Blauhelme | |
durch. Viele internationale Vertreter in Goma sind nun beleidigt und | |
prophezeien das Schlimmste. Ein UN-Vertreter ließ sich mit der | |
erstaunlichen Aussage zitieren, die Nichteinbeziehung der internationalen | |
Gemeinschaft werde zu einer neuen humanitären Katastrophe im Ostkongo | |
führen. | |
Anlass für solche Warnungen ebenso wie für Ruandas Militäraktion ist das | |
Einrücken von Soldaten aus Uganda im Nordosten des Kongo Mitte Dezember, um | |
dort die ugandische Rebellenbewegung LRA (Widerstandsarmee des Herrn) zu | |
jagen. Der Feldzug zerstörte zwar die LRA-Infrastruktur, aber die | |
LRA-Kämpfer rächen sich nun an der Zivilbevölkerung und haben bisher über | |
600 Zivilisten getötet und über 135.000 in die Flucht getrieben. Zu | |
Ähnlichem könnte auch die FDLR fähig sein. | |
22 Jan 2009 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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