# taz.de -- Symposium der Londoner Tate Britain: Kunst zwischen Gaza und Abu Dh… | |
> In der Tate Britain diskutierte ein Symposium die Bedingungen für | |
> Kunstproduktionen in der arabischen Welt. Hauptthema waren die | |
> gravierenden Länderunterschiede. | |
Bild: Übertrieben? Das geplante Kulturviertel "Saadiyat Island" in Abu Dhabi. | |
Was haben Kunst und Krieg miteinander zu tun? Und was Kunst und Geld? So | |
könnte man kurz zwei Kernfragen eines hochkarätig besetzten Symposiums | |
unter dem Titel "Infrastructures and Ideas: Contemporary Art in the Middle | |
East" zusammenfassen, das vergangene Woche in der Londoner Tate stattfand. | |
Unter Bürgerkriegszuständen wie in Gaza oder im Libanon hat es die Kunst | |
schwer, während anderswo wie in Abu Dhabi gerade die "größte Konzentration | |
kultureller Erfahrungsräume weltweit" entstehe, wie es Scheich Khalifa Bin | |
Zayed Al Nahyan, Präsident der Vereinigten Arabischen Emirate und Herrscher | |
von Abu Dhabi, ausdrückte. Er veranlasste im globalen Maßstab | |
Kulturtranfers, ließ unter anderem ein Performance-Center von Zaha Hadid, | |
einen "Louvre" von Jean Nouvel und ein Guggenheim Museum von Frank Gherry | |
errichten. | |
Video, Text und digitale Fotografie scheinen die am besten geeigneten | |
Mittel für eine unabhängige Kunstproduktion unter Extrembedingungen. Sie | |
sind schnell, kostengünstig und ihre mediale Verbreitung einfach zu | |
organisieren. Künstler wie Akram Zaatari oder Walid Raad, beide aus Beirut, | |
haben mit collagenhaften Installationen hier Maßstäbe gesetzt. | |
Viele arabische Kulturproduzenten würden allerdings der Einordnung ins | |
"Middle East"-Label gerne entgehen. Man solle auf die "Kunst als Kunst" | |
schauen, so die Forderung nach einem universal gefassten Verständnis. Ein | |
Anspruch, dem auch Scheich Khalifa Bin Zayed Al Nahyan nicht abgeneigt sein | |
dürfte, dessen Abu-Dhabi-Kulturinsel bereits als "Planet Hollywood" | |
bezeichnet wurde. Die Diskrepanz in der arabischen Welt zwischen Orten wie | |
Beirut oder Gaza und Abu Dhabi scheint riesig. | |
Der naiv-idealistischen Vorstellung eines Universalismus, der Kunst | |
losgelöst von den Bedingungen ihrer Produktion und Repräsentation | |
betrachtet, hielt die Kuratorin und Autorin Nada Shabout (Modern Arab Art: | |
Formation of Arab Aesthetics, 2007) eine differenzierte Art der | |
Kontextualisierung entgegen, die neben geografischen, ethnischen und | |
politischen Zusammenhängen, die Epochenbezeichnungen von Tradition, Moderne | |
und Postmoderne heranzieht, aus deren produktivem Oszillieren gerade in | |
"nichtwestlichen" Gesellschaften neue ästhetische Strategien hervorgehen | |
könnten. Geschichte bewege sich nicht linear, sondern vor und zurück und | |
vor allem schräg. | |
Eine umgekehrte, aber nicht gegensätzliche Perspektive nahm Wassan Al | |
Khudairi ein, Sammlungskuratorin des Arabischen Museums für Moderne Kunst | |
in Qatar und Spezialistin für moderne und zeitgenössische Kunst aus dem | |
Irak. Sie bemerkte, dass uralte islamische Kunst in der Formensprache oft | |
sehr modern wirke. Daher schlug sie vor, die Kriterien für das, was als | |
modern gilt, neu zu überdenken. Das Altertum als Moderne? Nun, die Debatte | |
scheint ein weites Feld. | |
29 Jan 2009 | |
## AUTOREN | |
Saskia Draxler | |
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