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# taz.de -- Nürnberger Spielzeugmesse: Giftladungen im Kinderzimmer
> Eine Million Spielzeuge wurden in Nürnberg ausgestellt. Viele davon sind
> aber gefährlich. Und daran werden auch neue Regeln der Europäischen Union
> nichts ändern, warnen Verbraucherschützer.
Bild: Spielzeugproduktion im chinesischen Dongguan.
Das größte Kinderzimmer der Welt wird ab heute wieder ausgeräumt. Etwa eine
Million Spielzeuge, die auf der 60. Spielzeugmesse in Nürnberg zu sehen
waren, müssen wieder eingeräumt werden. Und Verbraucherschützer würden sich
freuen, wenn so manches Stück gar nicht mehr auftauchte.
Kontrolleure des Gewerbeaufsichtsamts hatten nämlich auf der
Spielwarenmesse an 477 Ständen rund 1.600 Spielzeuge überprüft. Etwa ein
Viertel von ihnen wies Mängel auf, schwerwiegende sogar 3,5 Prozent.
Darunter befanden sich zum Beispiel Plüschtiere mit leicht abfallenden und
damit verschluckbaren Augen, Spielzeug mit nicht abgerundeten Schrauben und
Magnetspielzeuge ohne Warnhinweise.
Doch nicht immer sind die Gefahren so leicht zu erkennen, warnt Alexandra
Caterbow, Spielzeugexpertin bei der Frauen- und Umweltorganisation Women in
Europe for a Common Future (WECF): "Auch in den Neuheiten sind immer noch
giftige Chemikalien enthalten."
Die neue Spielzeugrichtlinie, die am 18. Dezember vergangenen Jahres von
der Europäischen Kommission verabschiedet wurde und in zwei Jahren in Kraft
tritt, ändere daran nichts: "Mit ihr wird es schlimmer, als es eh schon
ist." Den Kindern würde damit offiziell eine noch höhere Giftmenge
zugemutet als vorher. Denn die neuen Grenzwerte werden pro Kilo Material
festgelegt. Bislang richteten sich die Werte nach der für Kinder
verträglichen Dosis.
Ein Beispiel lieferten der Präsident des Bundesinstituts für
Risikobewertung (BfR), Andreas Hensel, und Vertreter des Bundes für Umwelt
und Naturschutz (BUND) auf der Messe. Nach der gültigen Verordnung liegt
der Grenzwert für Blei, das sich aus dem Produkt herauslösen darf, bei 90
Milligramm pro Kilo. Die neue EU-Richtlinie erlaubt 160 Milligramm. Ein
Kind darf ab 2011 statt 0,7 ganze 1,24 Mikrogramm des Giftcocktails zu sich
nehmen. Zu viel für die Kleinen, mahnen die Experten. Laut BfR beeinflusst
Blei Nervensystem und Intelligenzentwicklung nachweislich negativ. Die
Kritiker hinterfragen, was EU-Industriekommissar Günter Verheugen an der
neuen Richtlinie lobte: etwa die niedrigsten Grenzwerte für toxische
Substanzen und das Verbot von 55 Allergie auslösenden Stoffen. De facto
seien die 55 Substanzen in Spuren von 100 mg pro Kilo weiter erlaubt, für
Nickel, den häufigsten Allergieauslöser, sei kein Grenzwert vorgesehen.
Außerdem fehlen Informationen für die Käufer: "Es steht nie drauf, was drin
ist", sagt Alexandra Caterbow, selbst Mutter von zwei Kindern im Alter von
zwei und vier Jahren. Denn das CE-Siegel dürfe sich jeder Hersteller
ungeprüft selbst geben. Die Sprecher des BUND kritisieren, dass Kontrollen
durch unabhängige Institute für Kinderspielzeug nicht vorgeschrieben sind.
Die Grenzwerte würden weder für inländische Produkte noch für Importe
eingehend geprüft.
Weil nun weiterhin giftige Spielsachen auf den Markt kommen, hat das
Netzwerk WECF einen Einkaufsratgeber im Handtaschenformat herausgegeben.
Die kostenlose Broschüre soll Hilfestellung beim Einkauf unbelasteter
Spielsachen geben. Sie ist kostenlos erhältlich beim WECF und kann auf der
Homepage der Organisation heruntergeladen werden: [1][WECF].
10 Feb 2009
## LINKS
[1] http://www.wecf.eu
## AUTOREN
Miriam Noll
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