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# taz.de -- Nordbank-Krise weitet sich aus: Man kann sich nicht auf Vorrat rasi…
> Finanzbedarf der Nordbank ist noch höher als die bekannten 13 Milliarden
> Euro: Eine weitere Milliarde wird kurzfristig fällig, bis 2011 nochmals
> drei Milliarden an Eigenkapital. Das aber fürchtet Schwarz-Grün in
> Hamburg - wo kurz danach gewählt wird.
Bild: Wie lange hier wohl noch etwas rauskommt? Ein Geldautomat mit dem Logo de…
Der Ort hätte kaum besser gewählt werden können. Eine ehemalige
Bankiersvilla an der Kieler Förde mit - laut Eigenwerbung - "inspirierendem
aristokratischen Charme": Das klingt erfolgversprechend. Und so kam das
schleswig-holsteinische CDU-SPD-Kabinett bei seiner samstäglichen
Krisensitzung im "Romantik Hotel Kieler Kaufmann" denn auch zu einer
wegweisenden Erkenntnis: "Es steht jetzt fest, dass wir uns selbst helfen
müssen", sagte Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) nach dem
Treffen. Und zwar zügig.
Sollten Hamburg und Schleswig-Holstein bis zum morgigen Dienstag kein
Rettungskonzept für ihre gemeinsame Landesbank HSH Nordbank vorweisen
können, wird diese geschlossen. Am Mittwoch werde das Institut, das im
Vorjahr 2,8 Milliarden Euro Defizit angehäuft hat, von der Bankenaufsicht
(BaFin) "dichtgemacht", wurde den Landesregierungen am Freitag im Berliner
Bundesfinanzministerium unmissverständlich mitgeteilt.
Bei der Rettung aber sind Hamburg und Schleswig-Holstein auf sich allein
gestellt. Weder der Bund noch die beiden kleineren Miteigentümer - der
schleswig-holsteinische Sparkassenverband und der US-Investor Flowers
(siehe Kasten) - wollen weiteres Geld in die Nordbank stecken. Deshalb wird
die Rettung noch teurer als bisher bekannt: Wie die taz aus Hamburger
Regierungskreisen erfuhr, wird die Wiederbelebung des Geldinstituts nicht
13 Milliarden Euro kosten, sondern kurzfristig bis zu 17 Milliarden Euro.
Diese vier Milliarden setzen sich zusammen aus dem Aufkauf der Anteile von
Flowers und Sparkassen sowie einer weiteren Erhöhung des Eigenkapitals.
In Rede steht zurzeit eine Finanzspritze von drei Milliarden Euro zur
Sicherung der siebenprozentigen Kernkapitalquote der Nordbank. Zudem sollen
die beiden Länder Staatsgarantien von zehn Milliarden Euro abgeben. Das
sieht das Konzept von Nordbank-Chef Dirk Jens Nonnenmacher vor, das er
vorige Woche den Landesregierungen und den Haushaltsausschüssen der beiden
Landesparlamente in Hamburg präsentierte. So steht es auch in der etwa
50-seitigen Vorlage, welche nun im "Kieler Kaufmann" für die entscheidende
gemeinsame Kabinettssitzung der beiden Regierungen am Dienstag erarbeitet
wurde. Was in diesem Papier nicht drinsteht: Wenn es schlecht läuft, ist
das Geld in gut zwei Jahren weg.
Nach einem Worst-Case-Szenario des Nordbank-Vorstandes wäre die jetzige
Erhöhung des Eigenkapitals um drei Milliarden Euro Ende 2011 schon wieder
verprasst. Die Landesregierungen müssten dann erneut drei Milliarden Euro
zuschießen. In diesem Kontext sei, so wird geraunt, eine Andeutung
Nonnenmachers auf der Sitzung der Haushaltsausschüsse am vorigen Dienstag
zu verstehen gewesen: Es stünden "drei sehr schwierige Jahre" bevor, hatte
der Bankchef prophezeit, erst 2012 könne "wieder normal verlaufen".
Im Februar 2012 aber wird in Hamburg neu gewählt. Und niemand in der
schwarz-grünen Koalition in der Hansestadt hat Interesse daran, im Herbst
2011 den steuerzahlenden WählerInnen zu erklären, dass sie die Nordbank
erneut mit Milliardensummen aufpäppeln müssten.
Die politische Interessenlage in Schleswig-Holstein sieht anders aus. Dort
wird im Mai nächsten Jahres gewählt, und CDU wie auch SPD möchten die
Bevölkerung ungern mit noch astronomischeren Summen erschrecken. Eine
zweite Tranche nach der Landtagswahl wäre der Koalition an der Förde da
lieber. Deshalb sieht auch Schleswig-Holsteins Arbeitsminister Uwe Döring
(SPD) kurzfristig keine Alternative. Sich jetzt auf etwas festzulegen, was
in Monaten oder Jahren eintreten könnte, wäre müßig, orakelte Döring am
Samstag: "Das käme dem Versuch gleich, sich auf Vorrat zu rasieren."
Die vierte Milliarde müsste sogar kurzfristig aufgebracht werden. Die
Sparkassen wollen im April eine stille Einlage von 105 Millionen Euro aus
der Nordbank abziehen. Das sei vereinbarungsgemäß möglich, erklärte ein
Sprecher. Zudem würden sei auch lieber ihre Anteile verkaufen, als
Eigenkapital einzubringen. Hamburg und Schleswig-Holstein haben ein
Vorkaufsrecht, der Kaufpreis dürfte bei etwa 350 Millionen Euro liegen. Bis
zu 600 Millionen müssten für Flowers auf den Tisch gelegt werden. Die
US-Bank könnte Veränderungen bei der Nordbank blockieren, da sie mit über
25 Prozent über eine Sperrminorität verfügt. Um sie rauszukaufen, müsste
wohl ein politischer Preis gezahlt werden.
Kurzfristig dürften für die beiden Landesregierungen andere Punkte
Priorität haben: Das Rettungskonzept, das sie morgen beschließen wollen,
sieht als "zukunftsfähiges Geschäftsmodell" vor, die Nordbank in eine
gesunde "Kernbank" und eine kranke "Abbaubank" aufzuteilen. Das klinge
einfacher, als es sei, räumte Carstensen am Samstag ein: "Wir stehen vor
einer außerordentlich schwierigen Situation."
22 Feb 2009
## AUTOREN
Sven-Michael Veit
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