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# taz.de -- Mordanschlag in Ungarn: Roma regelrecht hingerichtet
> Ein Vater und sein Sohn, die aus ihrem brennenden Haus im ungarischen
> Tatárszentgyörgy fliehen, werden erschossen. Die Polizei schlampt bei den
> Ermittlungen.
Bild: Hier starben zwei Menschen: Hausruine in Tatárszentgyörgy.
BUDAPEST taz Es war eine regelrechte Hinrichtung in dem kleinen ungarischen
Dorf Tatárszentgyörgy. Die Täter hatten alles gründlich geplant. Sie
setzten das kleine Haus am äußersten Rand der Gemeinde, in dem die Familie
Csorba mit drei kleinen Kindern lebte, in Brand. Als der Vater sich mit
seinem fünfjährigen Sohn retten wollte, wurden beide mit einer Schrotflinte
erschossen.
Der Notruf erreichte die Feuerwehr um 1.15 Uhr in der Nacht. Zu diesem
Zeitpunkt war das Haus bereits ausgebrannt. Die zwei anderen Kleinkinder
erlitten nur kleinere Verletzungen und wurden in ein Krankenhaus nach
Budapest gebracht.
Für die Polizei war die Sache schnell klar: Ein Kurzschluss habe das Feuer
verursacht, die Toten seien Opfer des Unfalls. Wie bei solchen Fällen
üblich, war die Spurensicherung schnell abgeschlossen. Erst die
Minderheitenvertretung der Roma teilte kurz darauf mit, dass im Dorf ein
Doppelmord geschehen sei. Es gebe Augenzeugen. So habe die Polizei die
großen Blutlachen 12 Meter vom Haus entfernt übersehen und auch den
Benzingeruch ignoriert. Eine Obduktion brachte dann Gewissheit:
Schusswunden führten zum Tod des Vaters und des Sohnes.
Der Mord gibt Rätsel auf. Die Familie lebte in bitterer Armut, versuchte
aber sich durchzuschlagen. Der 27-jährige Vater verdiente sein Geld mit
Gelegenheitsarbeiten, die Kinder gingen in den Kindergarten. 2008 hatte die
Familie das Haus bezogen.
Nach dem Mord erzählen Dorfbewohner, dass unlängst ein Geländewagen öfter
die Straßen der Roma entlanggefahren sei. Sie fragen sich, ob darin die
Täter saßen, um Ortskenntnisse zu sammeln. Die Polizei hat rund 34.000 Euro
für Hinweise ausgesetzt, die zu den Tätern führen. Es wird spekuliert,
diese könnten Wucherer gewesen sein, die die nichtzahlende Kundschaft
erschrecken wollten.
Die Tat könnte auch rein rassistische Hintergründe haben. 2008 wurden in
Nagycsécs zwei aus einem brennenden Haus fliehende Roma erschossen, von den
Tätern fehlt jede Spur. Die verbotene, weiter aktive rechtsextreme
Ungarische Garde marschiert in Dörfern, wo auch Roma leben, auf. Der
Ombudsman für Minderheiten, Ern Kálai, selbst Rom, sagt, dass in den
letzten Monaten moralische Dämme gebrochen seien. Die rechtsradikale Partei
Jobbik benutzt den Begriff "Zigeunerkriminalität mit wachsendem Erfolg.
Vor zwei Wochen wurde in der Provinzstadt Veszprém ein rumänischer
Handballnationalspieler erstochen. Zwei weitere Mitspieler, ein Serbe und
ein Kroate, wurden bei einer nächtlichen Prügelei schwer verletzt. Die
Profis der international erfolgreichen MKB Veszprém wurden in einem
Nachtlokal von einer Bande angegriffen - mehrheitlich Roma. Die Tat löste
eine Welle der Empörung aus. Die ungarische Mehrheitsbevölkerung ist in
Zeiten der wirtschaftlichen Krise frustriert und hält immer die Roma für
die Schuldigen.
Derweil ist der Hass gegen Roma so groß, dass die sozialistische Regierung
es nicht wagte, einen Polizeichef abzusetzen. Albert Pásztor, oberster
Ordnungshüter von Miskolc, sagte, alle Straßenräuber der letzten Monaten
seien Zigeuner gewesen. Nach Bekanntwerden der rassistischen Kommentare
wurde er vom Justizminister gefeuert. Innerhalb von 24 Stunden wurde diese
Entscheidung zurückgenommen.
24 Feb 2009
## AUTOREN
Márton Gergely
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