# taz.de -- Chefin des Vertriebenenbundes: Steinbach wittert SPD-Komplott | |
> Die Chefin des Bundes der Vertriebenen will eine Verschwörung gegen sie | |
> aufgedeckt haben. Wolfgang Thierse hält das für "blanken Unsinn" - und | |
> fordert einen Rückzug Steinbachs. | |
Bild: Angriff auf Sozialdemokraten: Erika Steinbach. | |
Endlich ist es Erika Steinbach, der Chefin des Bundes der Vertriebenen | |
(BdV), gelungen, das Komplott aufzudecken, das gegen ihre Mitgliedschaft im | |
Kuratorium des "Sichtbaren Zeichens", also des künftigen | |
Erinnerungszentrums an Flucht,Vertreibung und Versöhnung geschmiedet wurde. | |
Niemand anderes als die schurkischen SPDler Wolfgang Thierse und Markus | |
Meckel waren es, die die bis dahin mucksmäuschenstille polnische | |
Öffentlichkeit gegen sie und ihr BdV-Projekt "Zentrum gegen Vertreibungen" | |
aufgehetzt hätten. | |
Wie bei allen Verschwörungstheorien wird hier von Steinbach souverän mit | |
den Fakten umgesprungen. Will sie tatsächlich die massiven Proteste, die | |
aus allen politischen Lagern Polens seit 2002 gegen das BdV-Zentrumsprojekt | |
niederprasselten, auf die Umtriebe zweier SPD-Politiker zurückführen? Hatte | |
es beispielsweise Marek Edelmann, Überlebender des Warschauer | |
Ghettoaufstands und Solidarnosc-Aktivist, nötig gehabt, sich bei seiner | |
Verurteilung von Steinbachs Plänen auf deutsche Ermunterungen zu stützen? | |
Oder wartete Wladislaw Bartoszewski, Retter polnischer Juden, Teilnehmer | |
des Warschauer Aufstands und Brückenbauer zu Deutschland wirklich darauf, | |
sich für seine scharfe Kritik von 2002 an Steinbach das Placet von Thierse | |
oder Meckel zu holen? Die kritische polnische Öffentlichkeit war sehr wohl | |
in der Lage, Erika Steinbach nicht nach ihren Versöhnungsgirlanden, sondern | |
nach ihren Taten zu beurteilen. Schließlich hatte sie sich bis zum Schluss, | |
dem Abschluss des Grenzvertrages 1990, hartnäckig geweigert, der | |
Oder-Neiße-Grenze zuzustimmen. | |
Besonders unverfroren ist der Angriff Steinbachs gegen die beiden | |
sozialdemokratischen Politiker auch deshalb, weil beiden das Schicksal der | |
Flüchtlinge und Vertriebenen nicht gleichgültig ist. Meckel wollte mit | |
einer polnisch-deutschen Initiative, an der auf polnischer Seite Adam | |
Michnik, Adam Krzeminski und Wladislaw Bartoszewski teilnahmen, eine | |
internationale Erinnerungsstätte in Wroclaw (Breslau) begründen. Der | |
Initiative kam es gerade darauf an, Gedenken wie Forschung aus den Fesseln | |
des Bundes der Vertriebenen zu befreien. Thierse war es, der maßgeblich die | |
politische Blockade um das "Zentrum gegen Vertreibungen" auflösen half, für | |
die Zuständigkeit des Bundes beim "Sichtbaren Zeichen" eintrat und mit Hand | |
anlegte bei der schließlichen gesetzlichen Form. | |
Steinbach, sagte Thierse der taz, sei offenbar der Meinung, die Polen | |
verfügten über kein selbstständiges Urteil und über kein historisches | |
Gedächtnis, sie bedürften deutscher Nachhilfe. Er habe im Übrigen zum Thema | |
"Sichtbares Zeichen" mit den prominenten polnischen Kritikern Steinbachs | |
keine Gespräche geführt. Schon deshalb seien Steinbachs Behauptungen nichts | |
als "blanker Unsinn". | |
Bundeskanzlerin Merkel, so Thierse, irre sich, wenn sie glaube, | |
hinsichtlich des "Sichtbaren Zeichens" unter keinem Zeitdruck zu stehen. Es | |
gehe darum, durch eine klare Entscheidung gegen Erika Steinbach der | |
Verschlechterung des polnisch-deutschen Verhältnisses entgegenzuwirken. | |
Merkel müsse sich entscheiden: zwischen der Zukunft des Verhältnisses zu | |
Polen und den Wählerstimmen des national-konservativen Flügels der | |
Vertriebenen diesen Herbst. | |
26 Feb 2009 | |
## AUTOREN | |
Christian Semler | |
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