# taz.de -- die wahrheit: Rallyestreifen der Liebe | |
> Das geheime Tagebuch der Carla Bruni. Heute: Ein Unsympath aus Hessen zu | |
> Besuch. | |
Bild: Nicht der kleine Nici, sondern neue Hormone erzeugen bei der Première Da… | |
Mon cher journal intime … | |
Im Moment fühle ich mich wieder so, als hätte ich bereits zwei Kinder. Nici | |
braucht meine gesamte Aufmerksamkeit. Er ist total neben der Spur wegen der | |
Landwirtschaftsmesse. Sein Auftritt dort ist ja letztes Jahr mächtig in die | |
Hose gegangen. Dieses Jahr soll nun alles anders werden: Alle Pariser | |
UMP-Mitglieder wurden angeschrieben, und aufgefordert, auf die Messe zu | |
kommen. Sie können sich Freikarten im Rathaus abholen. Mit Gutschein. Für | |
ein Baguette "Monsieur" und einen Schnaps. | |
Natürlich hat Nici wieder genörgelt, "Da kommen ja nur alte Leute, die vor | |
dem Sterben noch mal an die Luft wollen!" Aber ich finde, das ist egal, | |
solange die nur ordentlich jubeln. Aber Nici ist so ein Ignorant. Da mach | |
ich mir so viele Gedanken, und er sagt: "Die können ja mit den Gebissen | |
klappern." Das stimmt, das ist nicht richtig laut. Ich habe vorgeschlagen, | |
so Knatterdinger zu besorgen, die man in der Luft kreisen lässt. Das war | |
auch wieder nicht recht. "Wie denn, mit Parkinson!?!" | |
Nici scheint mir wirklich etwas amtsmüde. Höchste Zeit, dass der ganze Spuk | |
hier bald zu Ende ist und wir es ein bisschen mehr krachen lassen können. | |
By the way krachen lassen. Mein Delfin ist kaputt. Schon wieder. Dabei hab | |
ich den doch gerade erst gekauft. Und ausgerechnet jetzt, wo ich ständig | |
will und Nici so sehr viel um die Ohren hat. | |
Habe mit dem Professor gesprochen. Ja, es kann sein, dass ich wegen der | |
Hormone, die ich jetzt schlucke, total rollig bin. "Seien Sie froh, | |
Kindchen!", hat er gesagt. "Das ist ein gutes Zeichen!" Tolles Zeichen. Ich | |
bin horny wie Bolle, und Nici jagt von einem Krisengipfel zum nächsten. | |
Mein Krisenzipfel, sozusagen. Wenigstens steht jetzt der Skiurlaub auf dem | |
Programm. Ich hoffe, das unendliche Weiß lenkt mich ab. | |
Morgen ist es so weit. "Sieben Wochen ohne" gehen los. Hat ja dieses Mal | |
etwas gedauert, bis mir was Feines eingefallen ist, aber jetzt hab ich es | |
(nein, kein Sexverzicht): Ich werde nicht mehr jammern. Kein Ach, kein Oh!, | |
kein Wehklagen. Sieben Wochen lang! Das wird ein hartes Ding, das ist mir | |
schon klar, aber ich bin entschlossen. Schließlich muss ich auch mal an | |
mein Karma denken und an die Reinkarnation. Wer weiß, ob das Schicksal es | |
noch mal so gut mit mir meint. Sonst komme ich das nächste Mal als Mann auf | |
die Welt. Oder als Kamel. Das kann man ja nicht wollen. Natürlich kann ich | |
mich noch beschweren und auch mal Leute entlassen, wenn was nicht klappt, | |
aber eben nicht mehr so viel jammern. | |
Zuerst wollte ich ja aufs Flirten verzichten. Aber ich meine, wohin führt | |
das denn? Da kann ich mir ja gleich für sieben Wochen den Arm abhacken oder | |
mit Debilen in den Urlaub fahren. By the way Urlaub: Es ist ganz herrlich | |
hier. Megève ist wirklich ein hübsches Örtchen. Abgesehen davon, dass mir | |
untenrum arg was fehlt, bin ich ganz froh, das Nici nicht mitgekommen ist. | |
Sein Skianzug ist so von gestern! Rot-orange mit Rallyestreifen. Er sieht | |
darin aus wie Evil Knievel. | |
Apropos Evil Knievel. Leider herrscht hier Helmzwang. Also auf der Piste. | |
Den konnte nicht mal ich außer Kraft setzen. Nicht mal im | |
Eye-to-eye-Kontakt mit dem Präfekten (ein hinreißendes Männlein, das sicher | |
auch an mehr interessiert wäre …). Das ist sehr ärgerlich, denn nun erkennt | |
mich keiner. Ich habe mir aber im Schreibwarenladen Klebefolie mit | |
Glitzereffekt besorgt, meinen Namen ausgeschnitten und auf den Helm | |
geklebt. Das sieht richtig flott aus. Vielleicht erlebe ich damit morgen | |
mehr. | |
Donnerstag, 26. 2. 2009 | |
Mich ärgert total, dass ich in diesem ollen Schneekaff festsitze. Ziemlich | |
tote Hose hier. Alle sind in Paris, zur Versteigerung von Yves Saint | |
Laurents Kunstsammlung. Es ist das Ereignis. Tout Paris spricht von nichts | |
anderem dieser Tage. Dabei ist es höchste Zeit, dass sie mal wieder von mir | |
sprechen. Schließlich habe ich viel mehr zu bieten als das alte Zeug von | |
diesem toten Knausel. | |
Samstag, 28. 2. 2009 | |
Kaum bin ich wieder zu Hause, ist wieder Zombie-Party. Morgen Mittag kommt | |
ein Gast aus Walross-Country. Koch heißt er und soll ein Unsympath sein. | |
Sein Kommen ist total geheim. Im Élysée wäre es viel einfacher gewesen, ihn | |
zu empfangen, da hätte er durch einen Kellergang kommen können. Aber hier | |
bei mir? Der muss mit dem Hubschrauber herabgelassen werden. Ich habe nicht | |
den Schimmer einer Ahnung, wie das gehen soll. | |
Er regiert ein kleines Fleckchen, das Hessen heißt und wo sie den ganzen | |
Tag Apfelwein trinken. Genau wie wir! Deshalb hat er auch wohl immer so | |
rote Bäckchen. Die Sprache, die er spricht, heißt "Babbele", was ganz | |
putzig klingt. Er kommt, um von Nici etwas zu lernen. Auch er will in | |
seinem Land die Medien dahin bekommen, dass sie nur noch gut über ihn | |
berichten. Dafür will er einen nationalen Fernsehsender unter seine Gewalt | |
bringen. Das finde ich ehrlich gesagt ganz schön sexy. | |
Später Samstagabend | |
Oh Mann, oh Mann, was für ein Langweiler! Der Kerl ist ja so ein Loser! Der | |
will doch tatsächlich mit Nici und Berlusconi eine "Allianz zur | |
Unterdrückung der freien Presse starten". Der meint, der kann sich an die | |
beiden ranhängen, und hat vorgeschlagen, ihnen zu zeigen, wie man schwarze | |
Kassen führt. Wie naiv ist der denn?!? | |
3 Mar 2009 | |
## AUTOREN | |
Silke Burmester | |
## TAGS | |
Schwerpunkt Carla Brunis Tagebuch | |
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