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# taz.de -- Ungerechte Lohnverteilung: Frauen verdienen 160.000 € weniger
> In der EU verdienen Frauen 17 Prozent weniger als die Männer. Gerechnet
> auf ein Arbeitsleben macht das im Schnitt 160.000 Euro aus. Deutsche
> Frauen sind besonders benachteiligt.
Bild: Voll gleichberechtigt nur zur Weiberfastnacht: Frauen in Europa.
BRÜSSEL taz Statistiken können verwirrend sein. Warum zum Beispiel hat sich
das Lohnniveau bei Männern und Frauen in den vergangenen Jahren stetig
angenähert, ab 2006 aber ist die Lücke wieder größer geworden?
Die Antwort gab EU-Sozialkommissar Vladimir Spidla, als er am Dienstag in
Brüssel eine Kampagne gegen das Lohngefälle in der EU startete. Die
statistischen Grundlagen wurden damals geändert, um die Zahlen der
Mitgliedsstaaten besser miteinander vergleichen zu können. Die Lage heute
ist also nicht schlechter als vor drei Jahren.
Sehr viel besser allerdings auch nicht. Noch immer verdienen Frauen im
EU-Durchschnitt 17 Prozent weniger pro Stunde als Männer. Das kann sich in
einem durchschnittlichen Berufsleben auf 160.000 Euro summieren, haben die
Experten der Kommission ausgerechnet. Mit 23,9 Prozent Lohngefälle liegt
Deutschland über diesem Mittelwert, nur in Österreich (25,5 Prozent) und
Estland (30,3 Prozent) ist das Ergebnis noch schlechter.
Direkte Diskriminierung, das betonte Spidla mehrfach, ist in der EU
verboten. Fälle, wo für die exakt gleiche Arbeit unterschiedliche Löhne
bezahlt werden, dürften sich kaum finden lassen. Die Lücke entsteht, weil
Frauen andere Jobs anstreben oder bekommen als Männer. So verdienen
Kassiererinnen im Supermarkt weniger als Lagerarbeiter.
In der Aufteilung des Arbeitsmarktes in männliche und weibliche Berufe
sieht Spidla einen der Hauptgründe für das Lohngefälle. In ihrer Kampagne
fordert die EU deshalb Regierungen dazu auf, in den Lehrplänen der Schulen
darauf zu achten, dass Mädchen für einst typische Männerberufe motiviert
werden.
Ein weiteres Problem ist die familiäre Belastung vieler Frauen, die
Vollzeitarbeit, Überstunden, gewerkschaftliches Engagement und berufliches
Fortkommen behindert. Auch hier sind die Regierungen gefragt, besserer
Rahmenbedingungen zu schaffen.
Auf die Situation in Deutschland angesprochen, sagte Spidla: "Deutschland
ist nicht unter den Besten, das stimmt schon. Aber wir können als Folge der
neuen familienfreundlichen Gesetze Verbesserungen erwarten. Deshalb sollte
man das Urteil noch etwas aufschieben."
Musterschüler Finnland hat sogar ein Gesetz, das Unternehmen mit mehr als
30 Mitarbeitern verpflichtet, einen Gleichstellungsplan zu entwickeln. Er
muss die aktuelle Lohnverteilung zwischen Männern und Frauen sowie ein
Konzept enthalten, wie die Lohnlücke geschlossen und die Gleichstellung
befördert werden kann.
Dennoch gehört Finnland, wo Frauen im Schnitt 20 Prozent weniger verdienen
als Männer, derzeit zu den Schlusslichtern der EU. Spitzenreiter sind
ausgerechnet Italien (4,4 Prozent) und Malta (5,2 Prozent), deren Frauen-
und Familienbild nicht zu den fortschrittlichsten in der EU gehört.
Die Experten sehen dafür zwei Gründe: In diesen Ländern verzichten
Karrierefrauen ganz auf Familie und können sich deshalb auch um Spitzenjobs
bewerben. Mütter aber arbeiten nicht in Teilzeit- oder minderqualifizierten
Jobs sondern bleiben ganz zu Hause.
Doch obwohl sich die Situation nur langsam bessert, bleibt der EU-Kommissar
optimistisch. Immerhin habe sich die Lücke halbiert, seit der Grundsatz
"Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" im Jahr 1975 in der EU gesetzlich
verankert sei. Vor allem aber seien Frauen inzwischen deutlich besser
qualifiziert als Männer, sagte Spidla. "60 Prozent der Hochschulabsolventen
sind weiblich. Daraus müssen die Unternehmer Konsequenzen ziehen - wenn sie
nicht Idioten sind."
3 Mar 2009
## AUTOREN
Daniela Weingärtner
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