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# taz.de -- Präsident tritt zurück: Machtübergabe in Madagaskar
> Nach Protesten tritt Präsident Ravalomanana ab. Oppositionsführer
> Rajoelina ernennt sich erneut zum Nachfolger. In den Straßen feiern die
> Menschen den ausgebliebenen Bürgerkrieg.
Bild: Lässt sich feiern: Oppositionsführer Rajoelina.
NAIROBI taz Schüsse, Explosionen und das Donnern schwerer Geschütze hallten
die ganze Nacht durch Madagaskars Hauptstadt Antananarivo. Es schien, als
habe der befürchtete Bürgerkrieg zwischen Anhängern von Präsident Marc
Ravalomanana und denen von Oppositionsführer Andry Rajoelina begonnen. Doch
nachdem oppositionstreue Soldaten mit Panzern den Sitz des Präsidenten und
die Zentralbank in ihre Gewalt gebracht hatten, nahm die wochenlange Krise
ein überraschend schnelles Ende: Nicht einmal zwölf Stunden später erklärte
Ravalomanana, der sich mit Anhängern in seinem Palast am Stadtrand
verschanzt hatte, seinen Rücktritt. "Der Präsident hat die Macht ans
Militär übergeben", bestätigte sein Sprecher Andry Ralijaona am
Dienstagnachmittag.
Mit der Machtübergabe an den obersten Marineadmiral wahrt Ravalomanana die
Verfassungsmäßigkeit. Doch kurz nach der Rücktrittserklärung sah es so aus,
als könne niemand den Aufstieg Rajoelinas an die Spitze des bettelarmen
Inselstaats verhindern. Am Morgen zogen traditionelle Zaubermeister durch
die Büros des alten Präsidenten, um "böse Geister" zu vertreiben und
angebliche Fetische der bisherigen Regierung zu verbrennen. Erst danach zog
der 34-jährige Rajoelina mit dem Spitznamen TGV (nach dem französischen
Expresszug) in den Amtssitz ein. Nach Ravalomananas Rücktritt ließ er sich
in einem Triumphzug durch die Stadt feiern.
Die meisten Madagassen feiern vor allem die ausgebliebenen Kämpfe. Denn
obwohl der Exradiomoderator und Werbeprofi Rajoelina vor allem in der
Hauptstadt Rückhalt genießt, hatten die Bewohner der Armenviertel in den
vergangenen Wochen eine Rückkehr zur Normalität herbeigesehnt - egal mit
wem an der Spitze.
Beide Führer sind sich ähnlich: Sie sind reich und stammen aus der
Wirtschaft. Beide waren zunächst Bürgermeister der Hauptstadt und
profilierten sich als Hoffnungsträger. Beide besitzen Radio- und
Fernsehsender, die in den vergangenen Wochen zu Propagandamaschinen
verkommen sind. Und beide waren bis zum Schluss bereit, für die politische
Macht über Leichen zu gehen - mehr als 130 Menschen sollen seit Ende Januar
ums Leben gekommen sein. Wo sich Ravalomanana nach seinem Rücktritt befand,
war unklar.
Seine neue Macht verdankt Rajoelina vor allem dem Militär: Nach
wochenlangem Zaudern setzte sich am Montag die oppositionsnahe Fraktion
durch. Kurz darauf begann der Sturm auf den Präsidialsitz. Die zweite Kraft
hinter Rajoelina ist Frankreich: Die ehemalige Kolonialmacht hatte
Ravalomanana mit seiner oft rüpelhaften Politik vors Schienbein getreten,
etwa als er darüber sinnierte, Englisch als Staatssprache einzuführen. Die
Franzosen bauten Rajoelina mit auf und gewährten ihm zwischenzeitlich sogar
in ihrer Botschaft Asyl.
Mit Rajoelina kehren viele Politiker der alten Garde um Diktator Didier
Ratsiraka an die Macht zurück - Frankreich dürfte das gefallen. Rajoelina
kündigte am Dienstag Neuwahlen innerhalb von zwei Jahren an. Zuvor muss er
die Verfassung ändern, denn nach der muss ein Präsident mindestens vierzig
Jahre alt sein.
Ob Rajoelina bereit ist, sich einer Abstimmung zu stellen, ist ungewiss.
Auf dem Land, wo die meisten der 20 Millionen Bewohner leben, ist er
praktisch unbekannt. Auch deshalb erteilte er Ravalomananas Angebot einer
Volksabstimmung über die Macht eine Absage. Unklar ist auch, welches
Programm Rajoelina verfolgt. Bei aller Kritik an Ravalomananas
Regierungsstil war die Wirtschaft, vor allem Rohstoffabbau und Tourismus,
unter ihm stark gewachsen.
17 Mar 2009
## AUTOREN
Marc Engelhardt
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