# taz.de -- Medienwandel in den USA: Das Internet schlägt die Zeitung | |
> Nachrichten sind unter US-Bürgern begehrt, dennoch will niemand dafür | |
> zahlen. Erstmals informierten sich mehr Amerikaner am Monitor als über | |
> bedrucktem Papier. | |
Bild: Boomt online wie im TV: Die wichtigste Newsquelle im US-Netz CNN. | |
WASHINGTON/BERLIN dpa/taz Der Jahresbericht zur Lage der Medien in den USA | |
könnte für die Zeitungsverlage kaum schlechter ausfallen: 2008 informierten | |
sich erstmals mehr Amerikaner im Internet als in den gedruckten Blättern. | |
Nachrichten sind den US-Bürgern zwar weiter wichtig und bleiben begehrt, | |
allerdings sind immer weniger Menschen bereit, dafür zu bezahlen. Dies sind | |
zentrale Erkenntnisse aus dem US-Medien-Jahresbericht 2009 des angesehenen | |
Pew-Forschungsinstituts (im Rahmen des "Project for Excellence in | |
Journalism") in Washington. | |
Der am Dienstag zum sechsten Mal in Folge vorgelegte Jahresbericht zur Lage | |
der US-Medien sei der "düsterste bisher", schrieben die Wissenschaftler. | |
2009 werde für die US-Zeitungsbranche aber angesichts der dramatischen | |
Wirtschaftskrise zum vermutlich "schlimmsten Jahr" überhaupt, so die | |
Prognose. | |
Auch Zeitschriften, Radio und die lokalen Fernsehsender in den USA mussten | |
2008 Einbußen hinnehmen. Als Gewinner können sich neben dem | |
Internet-Anbietern vor allem Nachrichtensender fühlen. | |
## "Vezweifeltes Bemühen" bei den Verlagen | |
Der Versuch von Verlagen, im Web die Verluste aufzufangen, die Zeitungen | |
seit Jahren wegen sinkender Auflagen und des Rückgangs im Anzeigengeschäft | |
erleiden, haben sich laut der Studie zu "einem verzweifelten Bemühen | |
entwickelt". Die Verlage hätten noch kein Konzept gefunden, um die | |
Zeitungskrise zu meistern, es dominiere das "Geschäftsmodell des | |
vergangenen Jahrhunderts". | |
Um mit Nachrichten Geld verdienen zu können, werde traditionelle Werbung | |
künftig nur teilweise die Kosten für Qualitätsjournalismus decken können. | |
Allerdings sei es übertrieben, von einem Sterben des traditionellen | |
Journalismus zu sprechen, vor dem angesichts der US-Zeitungskrise | |
Kommentatoren und Medienexperten gewarnt hatten. | |
Wegen der Rezession und der wachsenden Nutzung des Internets als | |
Nachrichtenquelle bleibt den Verlagen "immer weniger Zeit, ... ein neues | |
Geschäftsmodell zu entwickeln und die finanzielle Zukunft zu sichern", | |
schreiben die Medienwissenschaftler. | |
## Auch die Erlöse im Web stagnieren | |
Im vergangenen Jahr erhöhte sich die Zahl der Amerikaner, die sich im Web | |
auf den 50 wichtigsten Nachrichtenseiten informierten, um 24 Prozent. 2007 | |
lag der Anstieg lediglich bei 8 Prozent. Allerdings seien 2008 die Erlöse | |
im Web kaum gestiegen. | |
Die Auflage der US-Zeitungen sank 2008 erneut um etwa 4,6 Prozent auf eine | |
tägliche Gesamtauflage von rund 48 Millionen. Die Zeitungswirtschaft habe | |
2008 etwa 38 Milliarden Dollar (28,2 Milliarden Euro) umgesetzt, wobei die | |
Verlage noch immer meist gute Profite erwirtschaftet hätten, so die Studie. | |
Die Gewinne der Zeitungshäuser seien aber um 14 Prozent niedriger als 2007 | |
und 23 Prozent geringer als ein Jahr zuvor. | |
Bis Ende 2009 wird der Prognose des unabhängigen Instituts zufolge im | |
Vergleich zu 2001 jeder vierte Arbeitsplatz in den Zeitungsredaktionen | |
verloren gegangen sein. Allein 2008 sank die Zahl der journalistischen | |
Arbeitsplätze um etwa 5 000, das sind etwa 10 Prozent. | |
Einen Boom im Nachrichtengeschäft erlebten lediglich die Nachrichtensender | |
wie CNN, MSNBC und Fox News. Die Zuschauerzahl stieg im spektakulären | |
Wahljahr 2008 um 38 Prozent, auch die Gewinne legten um 33 Prozent zu. | |
## Renommierte Zeitungen machen zu | |
Diverse regionale Traditionszeitungen stehen vor dramatischen Umbrüchen | |
oder dem Aus. Nur noch mit einer Rumpfredaktion im Internet überleben wird | |
zum Beispiel der Seattle Post-Intelligencer. Die Abonnenten des | |
Post-Intelligencer bekommen inzwischen das ehemalige Konkurrenzblatt The | |
Seattle Times in den Briefkasten geworfen - mit dem Konkurrenten hatte sich | |
das Blatt zuletzt Druck und Vertrieb geteilt. | |
Ganz dicht machen mussten die Rocky Mountain News. Das ehemalige Personal | |
der Zeitung wandte sich am Montag an seiner Leser mit der Bitte, die | |
Redaktion per Online-Abonnement zu unterstützen. Wenn man 50.000 Leser | |
finde, die bereit seien, 4 Dollar 99 im Monat zu überweisen, würde man mit | |
einer Website weitermachen. | |
19 Mar 2009 | |
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