# taz.de -- Iranische Künstlerinnen: Teheran Blues | |
> Frauenpower: In Karlsruhe sind engagierte Künstlerinnen aus dem Iran zu | |
> entdecken. | |
Auch im Iran trägt die Braut ein weißes Hochzeitskleid westlichen | |
Zuschnitts. Die in Teheran lebende junge Fotografin Asoo Khanmohammadi | |
verpackte Bräute in Luftpolsterfolie und ließ sie im häuslichen Ambiente | |
posieren. Die Hände halten Familienfotos, bei anderen sieht man die | |
Handflächen unter der Folie in abwehrender Geste. Die in Schwarz-Weiß | |
aufgenommenen Frauen mit den im Licht glitzernden Folienkleidern wirken | |
schön, aber ohne jede Individualität, da die Gesichter hinter der Folie zu | |
Schemen werden. | |
Iranische Frauen scheinen die weiblichen Stereotype immer weniger zu | |
akzeptieren. Zwei Drittel aller Studierenden sind weiblich, viele Frauen in | |
gehobenen Berufen tätig. Ihr gesellschaftliches Leben ist facettenreich, | |
aber auch voller rätselhafter Widersprüche. "Die Situation hat sich | |
erheblich verbessert, was wir nicht der Regierung, sondern uns selbst zu | |
verdanken haben", sagt die in Teheran lebende und für internationale | |
Blätter arbeitende Fotografin Newsha Tavakolian, deren Farbaufnahmen | |
Alltagsimpressionen einfangen und im französischen Kulturzentrum in | |
Karlsruhe gezeigt werden. | |
"Frei-Räume" nannte Asoo Khanmohammadi ihre Fotoausstellung im Badischen | |
Landesmuseum, ihre erste außerhalb des Iran. Neun Ausstellungen insgesamt | |
präsentiert das Festival "Frauenperspektiven 09 - Tausendund_ein Iran" an | |
verschiedenen Orten in Karlsruhe. Die meisten der in Teheran und teilweise | |
in der Diaspora lebenden Künstlerinnen thematisieren die janusköpfige | |
Situation der Mittelschicht-Iranerinnen, deren Rechtlosigkeit immer krasser | |
mit der Modernisierung des Landes kollidiert. | |
In der Gruppenausstellung "Tehran Blues" im Prinz-Max-Palais wird ein | |
Videobeitrag von Jinoos Taghizadeh aus Teheran gezeigt. Zu sehen ist eine | |
mit Spitzen reich dekorierte Wiege, die von einer Hand aus dem Off | |
geschaukelt wird. Dann beginnt die Melodie eines internationalen Liedes der | |
Frauenbewegung, erst leise, dann immer lauter, während sich die Hand | |
zurückzieht und verschwindet. | |
"Frauenpower" überschrieb auch Katajun Amirpur von der Uni Bonn ihren | |
Vortrag auf der Festivaleröffnung, auf der sich 500 BesucherInnen drängten. | |
Das Spektrum der iranischen Künstlerinnen ist breit gefächert. Westlich | |
orientierte sowie traditionellere Arbeiten sind vertreten, wobei neben | |
Fotos Videos und Installationen dominieren. Simin Keramati, die bereits | |
2006 auf der Freiburger Ausstellung "iran.com" mit ihrer eindrucksvollen | |
Arbeit "Silence" vertreten war, präsentiert ein Gemälde, auf dem sie die | |
unterschwellige Atmosphäre der Gewalt im Alltagsleben thematisiert. Die | |
Küchenmesser neben der Frau verweisen nicht nur auf deren traditionellen | |
Arbeitsplatz, sondern symbolisieren ihre durch gesellschaftliche Zwänge | |
aufgestauten Aggressionen. | |
Dagegen bezieht sich die in Offenbach lebende Künstlerin Parastou Forouhar | |
mit einer kritischen Referenz auf die Formen von Ornament und Arabeske. Die | |
Figurationen und Farben der Miniaturmalerei strahlen eine große Harmonie | |
aus, haben aber rigide Aspekte. Niemand darf ausscheren und die | |
vorgeschriebene Ordnung stören. Daher nutzt Parastou Forouhar die | |
ornamentalen Strukturen, um immer wieder Folterszenen darzustellen. Die | |
digital im Comicstil gezeichneten fleischrosa Figurenpaare sind nur durch | |
die schwarze Augenbinde als Opfer oder Täter identifizierbar. In ihrer 2006 | |
entstandenen Arbeit "Ich ergebe mich" sind die schrecklichen Szenen auf | |
Luftballons gedruckt. Ihre Eltern wurden vom islamistischen Regime | |
ermordet. URSULA WÖLL | |
25 Mar 2009 | |
## AUTOREN | |
Ursula Wöll | |
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