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# taz.de -- THW Kiel: Gewitter im Handballhimmel
> Der trojanische Krieg wurde durch die Frage ausgelöst, wer die Schönste
> im Götterhimmel sei. Durch Schiedsrichterbestechung gewann eine den
> Wettbewerb. Ein Drama - ähnlich dem des THW Kiel.
Bild: Manager Uwe Schwenker, der Spiritus Rector des THW Kiel.
Es dauerte zehn Jahre bis Troja fiel. Der trojanische Krieg wurde ausgelöst
durch die Frage, wer die Schönste im Götterhimmel sei. Die in Frage
kommenden Damen versuchten durch Bestechung des Schiedsrichters, Paris, den
Wettbewerb zu gewinnen.
Eine der Damen, die holde Aphrodite, versprach Herrn Paris die schönste
Frau auf Erden, Helena, wenn er sich für sie entscheide. Was der flugs tat.
Um Helene, die Frau des Menelaos, von Beruf König Spartas, hatten vor der
Eheschließung alle griechischen Könige gebuhlt. Aphrodite sorgte dafür,
dass sich Helena in Paris verliebte. Die beiden flohen nach Troja, der
gehörnte Menelaos hinterher. Am Ende bleiben Achilles, Hektor und Paris auf
dem Schlachtfeld, viele weitere Helden waren tot, die Götter zerstritten.
Sie haben nie mehr zusammengefunden. Troja war zerstört. Menelaos und
Helena kehrten nach Sparta zurück. Das wissen wir von Homer und seiner
Ilias.
Unser Troja heißt Kiel, unser Homer Hans Leyendecker, unsere Helden heißen
Uwe Schwenker, Manager des THW Kiel, Zvonimir Serdarusic, Ex-Trainer des
THW Kiel, und Oberstaatsanwalt Uwe Wick. Paris, das sind die nicht
unbestechlichen Handball-Unparteiischen. Unsere Götter heißen Nikola
Karabatic, Vid Kavticnik und Thierry Omeyer. Der Zeus ist Jesper Nielsen,
ein dänischer Modeschmuck-Unternehmer, der alles ausgelöst aber nichts
unter Kontrolle hat. Die Rolle des Schurken hat dankenswerter Weise Nenad
V. übernommen. Es gibt auch den Aspekt der Liebe, es gibt auch eine Helena.
Als Uwe Schwenker, der Spiritus Rector des THW, sich von seiner Gattin
trennte, um mit einer Jüngeren sein Glück zu finden, da fand das die
Gemahlin von Zvonimir "Noka" Serdarusic, Trainer und Freund des Uwe
Schwenker, nicht in Ordnung und sprach hinfort mehr über als mit Uwe
Schwenker. Und das schlecht. Die Freundschaft zwischen Serdarusic und
Schwenker zerbrach, die Helden Karabatic und Vid Kavticnik stellten sich
auf die Seite des Serdarusic, während Omeyer, der Castor und Pollux des
Handballs, in Kiel bleiben will. Der Krieg begann.
Das trojanische Pferd in diesem Krieg ist der Vorwurf, der THW habe seine
Erfolge in der Champions League nicht den Göttern, sondern der durch
Serdarusic und Schwenker angeleierten Bestechung der Schiedsrichter zu
verdanken. Nenad V. soll als Geldbote gedient haben. Ruchbar wurde dies,
als die vom Alkohol gelösten Zungen von Schwenker und anderen die Wahrheit
sprachen. Es könnte sein, dass darüber die stolze, erfolgreiche Festung
THW, das Zentrum des Handball-Weltreichs, geschleift wird, und die Götter
künftig woanders auf die Jagd nach Trophäen gehen. Die Trojaner, die
Kieler, tun sich schwer mit dieser Angelegenheit. Vom Erfolg verwöhnt, wie
sie sind.
Anders als Troja ist Kiel, vor allem wenn es regnet, keine besonders
attraktive Stadt. Und es regnet viel. Die Kieler Woche reicht als Ablenkung
vom Regen nicht aus. Handball hat in Kiel den Vorteil, dass es in der Halle
stattfindet. Der THW Kiel ist die Sonne, die mangels einer anderen, die
Stadt wärmt, erhellt, erfreut und mit ihrem schweren Schicksal versöhnt.
Von dieser Sonne will der Kieler nicht lassen.
So bricht es aus einem der Trojaner, dem Vorsitzenden des THW-Fanclubs
"Zebrasprotten", Jens C. Santen, heraus: "Nichts dran", gemeint sind die
Vorwürfe. "Nur Gerüchte", ruft Santen. Der Spiegel und die Süddeutsche, und
Homer Leyendecker, haben "keine Beweise für ihre Behauptungen". Santen
spricht von einer "Kampagne" mit dem Ziel, Kiel "kaputt zu machen". Es
werde der Ruf, der hervorragende, des THW zerstört. Und der der
Nationalmannschaft. Der Schaden sei "nicht wieder gutzumachen".
"Sponsoren", sagt Santen, werden sich zurückziehen, alles gehe den Bach
runter. Das Wasser, da ist es wieder, das Trauma der Kieler. Das Schweigen
des Schwenker hält Santen für richtig: "Warum sollte er sich zu Gerüchten
äußern, es sind doch jeden Tag neue, und alle sind falsch." Die THW-Fans
arbeiten an einer Dolchstoßlegende, die, falls an den Verdächtigungen, mit
denen sich die Staatsanwaltschaft beschäftigt, etwas dran ist, die Schuld
nicht bei den Verantwortlichen des Vereins suchen, sondern bei denen, die
sie aufdecken. Homer hatte den Vorteil, dass er kein Augenzeuge war,
sondern die Ilias ex post schrieb.
Die Tragödien sind auch nicht mehr das, was sie mal waren.
29 Mar 2009
## AUTOREN
Roger Repplinger
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