# taz.de -- Kommentar Atomindustrie in Frankreich: Staatsfeind Nr. 1: Greenpeace | |
> In Frankreich schützt der Regierungsapparat die Interessen der | |
> Atomindustrie - auch mit illegalen Mitteln. Greenpeace hat das schon | |
> einmal erfahren müssen. | |
Bild: Atomkraftwerk in Flamanville, in der Normandie: Der französische Staatsk… | |
Die Interessen der Atomindustrie sind in Frankreich eine Staatsaffäre. Kein | |
anderer Wirtschaftszweig gilt als strategisch so bedeutsam für die | |
Sicherheit und die nationalen Interessen. Das bekam Greenpeace schon 1985 | |
zu spüren, als eine Protestaktion gegen Atomwaffentests im Hafen von | |
Auckland für die Umweltaktivisten mit einem Drama endete. Ein Mensch starb, | |
als Taucher des französischen Geheimdienstes das Greenpeace-Schiff "Rainbow | |
Warrior" mit Bomben versenkten. | |
Seither herrscht zwischen Greenpeace und der französischen Staatsführung | |
sowie ihrer militärisch-zivilen Atomlobby herzliche Feindschaft. Und das | |
wird so bleiben, falls die gerichtlichen Ermittlungen bestätigen sollten, | |
dass der Staatskonzern EDF hinter dem Lauschangriff auf die elektronisch | |
gespeicherten Unterlagen von Ex-Greenpeace-Kampagnenchef Yannick Jadot | |
steht. Der Verdacht erscheint den französischen Medien jedenfalls | |
plausibel, und für die Justiz ist er dringend genug, um gegen zwei | |
mutmaßliche Auftraggeber und vier Ausführende ein Verfahren einzuleiten. | |
Die Bespitzelung von Gegnern hat in Frankreich eine lange Tradition. Und | |
wie man aus der Vergangenheit weiß, halten sich staatliche Dienste nicht | |
immer an die Legalität: So ließ namentlich Präsident François Mitterrand | |
unliebsame Personen, unter ihnen viele Prominente, vorsorglich abhören und | |
beschatten. Die Staatsräson lässt sich in Frankreich besonders weit dehnen, | |
wenn es um den Schutz der höchsten Interessen geht. Dazu gehört nicht nur | |
die Vorrangstellung der Kerntechnologie im Energiesektor, sondern auch der | |
(bisher) breite Konsens einer Bevölkerung, die mehr als anderswo trotz | |
Pannen und Pleiten wie mit dem Schnellen Brüter die Risiken und die | |
nachhaltige Umweltbelastung durch Reaktoren und radioaktive Brennstäbe | |
akzeptiert. | |
Mit seinen Antiatomkampagnen ist Greenpeace ein Störfaktor, mehr noch, | |
Staatsfeind Nummer 1. Über dem Gesetz steht die Atomwirtschaft trotzdem | |
auch in Frankreich nicht. Oder doch? Zweifel diesbezüglich müssen die | |
Ermittlungen gegen EDF ausräumen. | |
2 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Rudolf Balmer | |
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