# taz.de -- Internet-Konjunkturpaket: Australien surft am schnellsten | |
> Während in Deutschland noch darüber debattiert wird, unterversorgte | |
> Dörfer mit wenigen Megabit ans Internet anzuschließen, sollen in | |
> Australien schnelle Verbindungen Standard werden. | |
Bild: Schnell, schneller, Australien. | |
Deutschland gefällt sich gerne in der Rolle als High-Tech-Land: Internet | |
und Computer hätte inzwischen fast jeder, heißt es im Selbstbildnis, und | |
auch im EU-Vergleich stehe die Region sehr gut da. Dem ist allerdings seit | |
einiger Zeit nicht mehr so. Im jüngst veröffentlichten 14. Bericht zum | |
Stand des europäischen Binnenmarktes der elektronischen Kommunikation heißt | |
das aktuelle Ranking: Platz 9. Zwar liegt die Durchdringung schneller | |
Breitbandzugänge ins Netz mit 27,5 Prozent über dem EU-Durchschnitt von | |
22,9. Länder wie die Niederlande oder Dänemark, die sich die ersten beiden | |
Plätze teilen, sind aber deutlich weiter. Da wundert es nicht weiter, dass | |
die für die Informationsgesellschaft zuständige EU-Kommissarin Viviane | |
Reding Deutschland kürzlich in einem Interview die Rolle als Lokomotive | |
absprach. "Von der größten EU-Volkswirtschaft würde ich mehr erwarten", | |
sagte sie dem "Handelsblatt". Besonders ländliche Regionen seien schlecht | |
vernetzt, kleinere Orte weiße Flecken auf der DSL-Karte. Das saß. | |
Womöglich kann sich die Bundesregierung ja eine Scheibe von der | |
australischen Politik abschneiden. Dort wurde jetzt angesichts der | |
Wirtschaftskrise ein Internet-Konjunkturpaket aufgelegt, das in einem | |
Public-Private-Partnership das gesamte Land mit Highspeed-Internet-Zugängen | |
versorgen soll. Gemeint sind damit nicht die wenigen Megabit, die in | |
Deutschland für die Versorgung bislang noch gar nicht mit DSL ausgerüsteter | |
Regionen angedacht sind. Stattdessen sollen in den nächsten acht Jahren 90 | |
Prozent aller Australier so genannte "Fiber to the Home"-Anschlüsse (FTTH) | |
erhalten, bei denen Glasfasern direkt im eigenen Haus enden. Diese sollen | |
in der ersten Stufe mit bis zu 100 Megabit pro Sekunde beschaltet werden, | |
mit verbesserter Technik später sogar noch mit mehr. Die restlichen 10 | |
Prozent der Australier, die vor allem in abgelegenen Regionen wohnen, | |
sollen zudem mit regulärem DSL, mit Drahtlos- und Satelliten-Zugängen | |
vernetzt werden. Insgesamt ist die Investition von Milliarden geplant. | |
In Deutschland hat sich unterdessen Kanzlerin Angela Merkel den | |
Breitbandausbau auf die Fahne geschrieben. Sie lud im Frühjahr | |
Branchenvertreter ein, um ihren Plan zu beraten. Der ist ein wenig | |
unaggressiver als die Ideen aus Australien: Bis 2010 sollen nicht versorgte | |
Regionen in Deutschland "leistungsfähige Anschlüsse" erhalten, womit | |
Dimensionen im einstelligen Megabitbereich gemeint sind. 2014 will man dann | |
75 Prozent aller Haushalte und 2018 allen Haushalten "Übertragungsraten von | |
mindestens 50 Megabit pro Sekunde" bereitstellen, wie es im zweiten | |
Konjunkturpaket der Bundesregierung heißt. Davon profitieren dürfte vor | |
allem die Deutsche Telekom, die die größte Infrastruktur besitzt. | |
Merkel könnte im Rahmen des Breitbandausbaus deren Regulierungsvorschriften | |
lockern, die von dem Ex-Monopolisten immer noch als einer der | |
Haupthemmschuhe für DSL auf dem Land genannt werden. Im Bereich VDSL, einer | |
Technik, die bis zu 50 Megabit pro Sekunde verspricht, ging die fehlende | |
Regulierung allerdings voll nach hinten los: Derzeit wird die Technik nur | |
von der Telekom angeboten, die sie laut deutschem Recht nicht mit anderen | |
Anbietern teilen musste. Resultat: Das Angebot ist noch wesentlich weniger | |
verbreitet als Vorläufertechniken wie ADSL, die es von vielen Anbietern | |
gibt. Inzwischen plant die Telekom bereits aus freien Stücken, ihr | |
schnelles Netz auch Konkurrenten weiterzuverkaufen. Der Grund, wie Experten | |
munkeln: Es ist schlicht nicht ausgelastet. | |
Alternativen zum Verlegen von Kabeln existieren. So experimentieren | |
Mobilfunkanbieter etwa mit der Nutzung ehemaliger Analog-TV-Frequenzen für | |
schnelles Handy-Internet mit über sieben Megabit, was für bislang gar nicht | |
mit Breitband versorgte Regionen zunächst eine große Entlastung wäre. | |
Weitere Anbindungsmöglichkeiten bestehen über Satellit mit inzwischen | |
zweistelligen Megabit-Übertragungsraten sowie per TV-Kabel, das ebenfalls | |
hohe Geschwindigkeiten verspricht, die bei einem entsprechenden Ausbau der | |
Infrastruktur sogar über VDSL liegen könnten. Nun muss nur noch genügend | |
Geld in die Hand genommen werden. | |
8 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## TAGS | |
Internet | |
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