# taz.de -- Kommentar FC Bayern: Das gescheiterte Macher-Modell | |
> Von Deutschlands Superstar zu Bayerns Buhmann: Sonnyboy Jürgen Klinsmann | |
> versiebt ein Spiel nach dem anderen. Warum dem gefallenen Heiland jetzt | |
> die Kreuzigung droht. | |
"Er lacht, seine Augen strahlen kanzlerblau. Er gilt als Deutschlands | |
mutigster Reformer." So sahen viele 2006 den Bundestrainer Jürgen | |
Klinsmann. "In Deutschland wird oft gegrübelt", wurde der blonde | |
Strahlemann zitiert, "man wünscht sich, dass die Dinge positiver angefasst | |
würden - offensiver." Nicht wenige Kommentatoren wollten das Modell | |
Klinsmann umstandslos auf die Politik übertragen: Kraft, Selbstvertrauen, | |
Tempo sollten das Land aus dem "Reformstau" erlösen. Zur Erinnerung: Unter | |
"Reformen" wurde vor allem der Sozialstaatsabbau verstanden, der vielen | |
Neoliberalen nicht rasch genug ging. "Jürgen Merkel", titelte die Zeit vor | |
dem WM-Viertelfinale. | |
Doch die angeblich entschlussschwache Angela Merkel ist immer noch die | |
beliebteste Politikerin Deutschlands, während Klinsi arg entzaubert ist. | |
Ein bisschen hämische Schadenfreude spielt mit, wenn diese Form männlichen | |
Manager- und Machertums im Kiesbett landet. | |
Ähnlich geht es derzeit den Mehdorns, Ackermanns, Wagoners aus der | |
Wirtschaftswelt. Auch hier wurden offensives Tempo, Entschlussfreude, | |
Dynamik und Durchsetzungsvermögen als Garant des Erfolgs gefeiert, Analyse, | |
Nachdenken und das Lernen aus Fehlern als Zeichen von Schwäche gedeutet. | |
Eine Studie der Universität Cambridge will, kurz vor der Finanzkrise, | |
herausgefunden haben, dass ein direkter Zusammenhang besteht zwischen der | |
morgendlichen Höhe des Testosteronspiegels beim Banker und seinen | |
Börsenergebnissen am Nachmittag: Je mehr Hormon, desto höher der Gewinn. | |
Was Börsengewinne anbelangt, sind wir inzwischen klüger. Auf die Dauer ist | |
Männlichkeit eben doch kein Erfolgsgarant, weder in Form von Testosteron | |
pur noch als zupackender jungdynamischer Sozialcharakter. | |
In der Politik scheint die Botschaft angekommen - der "Basta"-Kanzler und | |
sein Überflieger Peter Hartz sind Vergangenheit. Es ergeht der Ruf nach | |
mehr Frauen in Vorständen und Aufsichtsräten, sprich: weniger Testosteron | |
und mehr Sachverstand, weniger Hauruck und mehr ganzheitliches Denken. Im | |
Sport sollten sie aber ruhig weitermachen, die Dynamiker, Charismatiker und | |
Kurzzeitüberflieger. Da gehören sie hin. | |
11 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Claudia Pinl | |
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