Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Zeitgenössische afrikanische Musik: Die Rückkehr der Rhythmen
> Ob Vodoun oder Benga, Musik aus Afrika bekommt derzeit viel
> Aufmerksamkeit. Blogger und kleinere Labels verleihen auch bisher
> unbekannten Combos eine Stimme.
Bild: Voodoo: Religion und musikalische Inspiration.
Ein schöner Nebeneffekt des neuerwachten Hipster-Interesses an Musik aus
Afrika ist die unüberschaubare Aktivität von Bloggern, die sich jeweils
darin überbieten, vergriffene und obskure Sieben-Zoll-Singles und
Audiokassetten zu digitalisieren und wieder zugänglich zu machen.
Auch der in Frankfurt am Main lebende Samy Ben Redjeb führt mit "Analog
Africa" einen weithin geachteten Blog, der sich speziell der Musik aus
Westafrika widmet. Redjeb nutzt diese Plattform auch, um die Aktivitäten
seines gleichnamigen Labels "Analog Africa" zu bewerben. Darauf
veröffentlicht er offiziell von den afrikanischen Musikern lizenzierte
Songs, immer versehen mit ausführlichem Booklet.
Diese Behandlung wurde zuletzt dem Orchestre Poly-Rythmo de Cotonou aus
Benin zuteil. Aus mehreren hundert Stücken hat Ben Redjeb 14 Songs
ausgewählt, die das Orchester einst auf verschiedenen Kleinstlabels
aufgenommen hat - in einer Auflage, die die Höhe von 500 Stück nicht
überstieg. Der typische Orchestre-Sound basiert auf den Rhythmen der
Vodoun-Religion, die im Zuge des Sklavenhandels auch auf den amerikanischen
Kontinent gelangten. "The Vodoun Effect" klingt nun ein wenig nach der
Rückkehr dieser Rhythmen zurück durch den "Black Atlantic" nach Afrika.
Sakate oder Sako, gespielt auf einer 1,50 m großen Trommel, bilden das
treibende Element der Songs, während sich Gitarren und Blasinstrumente an
klassischen Funkmustern orientieren. Und die Hallfahnen, welche die gesamte
Produktion durchwehen, lassen eine neue transatlantische Connection von
Dub-Fans vermuten, die vollkommen unentdeckt sein könnte. Vielleicht bringt
eine zweite Compilation mehr Licht ins Klangdunkel, die sich auf die
Spätphase des bis in die frühen Achtzigerjahre existierenden Orchesters
konzentrieren wird.
Extra Golden haben sich dagegen dem Benga verschrieben, der in den
Fünfzigerjahren als Musik der westkenianischen Luo entstanden ist. In
seinem Kern ist Benga Tanzmusik, die in oft stundenlangen Sets in Bars
gespielt wird und am ehesten durch die an Rumba angelehnte Rhythmik und die
kristallklaren Gitarrenläufe im Gehör bleibt. 2004 besuchte der
US-amerikanische Musiker Ian Eagleson Kenia und am Ende des Trips stand die
Gründung von Extra Golden.
Das Quartett besteht je zur Hälfte aus US-Amerikanern und Kenianern. Der
Titel ihres dritten Albums "thank you very quickly" wirkt nur vordergründig
wie holpriges Englisch. Es ist eine Formulierung der kenianischen
Mitglieder, die sich damit für die amerikanische Unterstützung während der
Unruhen im Winter 2008 bedankten, bei der ihre Häuser geplündert wurden und
ihre Familien nur durch Spenden überleben konnten. Ob diese Ereignisse auch
für die hörbare Dringlichkeit auf dem Album verantwortlich sind? Wie
gewohnt schlängeln sich Extra Golden spielfreudig durch ihre
verschachtelten Gitarrenläufe, die neuerdings auch einen aggressiven
Rockeinschlag besitzen, während Ian Eaglesons Orgel den sechs Stücken ein
wenig Psychedelic beimischt.
Die auf Englisch und Luo gesungenen Texte schwanken zwischen aufbauenden
Beschwörungen, dem Lamento über den grassierenden Aidsvirus und einem
klassischen Shout-out voller Dank im Titelstück. Extra Golden ist so ein
musikalischer Hybride gelungen, der jeden Exotismusverdacht von sich weisen
kann.
17 Apr 2009
## AUTOREN
Christian Werthschulte
## TAGS
Afrofuturismus
Westafrika
## ARTIKEL ZUM THEMA
Postkoloniale Soundkunst im HKW: Wenn Karten klingen statt zeigen
Der Künstler Satch Hoyt erkundet in seinem Projekt „Afro-Sonic Mapping“ im
HKW die Beziehungen von Klängen in der Musik der afrikanischen Diaspora
Orchestre Poly-Rythmo de Cotonou: Der Fluss, der Funk und der Tod
Ein neues Album der Band widmet sich Voodoo-Klängen aus Benin in
Westafrika. Die „Polyrhythmik“ im Namen ist mehr als gerechtfertigt.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.