# taz.de -- Kommentar Schweinegrippe: Pandemische Beschleunigung | |
> Die Schweinegrippe offenbart ein Problem des Internets: Medien oder | |
> Einzelpersonen geraten schnell in Panik und stecken andere Menschen damit | |
> an. | |
In der Wirtschaft geht es bekanntlich mindestens zur Hälfte um Psychologie. | |
Dass die Rezession in den vergangenen Monaten derart rapide um sich greift | |
und inzwischen auch noch den letzten Winkel des Planeten zu erfassen | |
scheint, hat eindeutig auch mit den modernen Möglichkeiten der | |
Kommunikation zu tun: Schlechte Nachrichten verbreiten sich schneller als | |
je zuvor. | |
Bei der (in Mexiko und Teilen der USA durchaus akuten) Schweinegrippe kann | |
man nun Ähnliches feststellen: In den klassischen Medien und im Internet | |
werden im Minutentakt Opfer- und Infiziertenzahlen durchgegeben, Bilder | |
leidender Menschen in Krankenhäusern gezeigt, Situationsberichte aus | |
betroffenen Regionen abgesetzt. Man muss dabei aufpassen, angesichts der | |
auf einen einprasselnden Informationsflut nicht selbst in Panik zu geraten. | |
Das passiert jedoch schnell, wenn man beispielsweise das aktuell wohl | |
heißeste Kommunikationsangebot im Netz, den Kurznachrichtendienst Twitter, | |
nutzt und den Suchbegriff "#swineflu" eingibt. Ein Nutzer verweist dort auf | |
Karten, die aufgetretene Fälle visualisieren sollen - allerdings derart | |
ungenau, dass es in Queens, New York, plötzlich an jeder Straßenecke zu | |
lodern scheint (betroffen war nur eine Schule). Ein anderer befürchtet: "Es | |
ist zu spät, die Schweinegrippe einzudämmen." | |
Fazit: Surft man auf Twitter ein wenig zu lange herum, bekommt man | |
unweigerlich das Verlangen, zur nächsten Apotheke zu rennen und sich das | |
Grippemittel Tamiflu samt Atemschutzmaske zu besorgen. Eine von der | |
US-Seuchenbehörde CDC per Twitter beworbene Internetseite wurde allein am | |
Samstag eine Million Mal abgerufen. | |
Damit wir uns nicht falsch verstehen: Natürlich ist es hervorragend, wie | |
schnell wichtige Informationen heutzutage kommuniziert werden können. Das | |
Problem bleibt allerdings die Bewertung. Medien oder im Netz publizierende | |
Einzelpersonen machen Fehler, geraten dabei selbst in Panik und stecken | |
andere Menschen damit an. Und zwar deutlich schneller, als es die | |
Schweinegrippe tut. | |
Vom letzten Pandemiekandidaten, der Vogelgrippe, blieb außer viel Angst | |
zumindest hierzulande letztlich wenig übrig. Selbstverständlich ist wie bei | |
jeder Seuche auch bei der Schweinegrippe Vorsicht geboten. Doch Panik ist | |
nie das richtige Gegengift. | |
27 Apr 2009 | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |