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# taz.de -- Kämpfe im Kongo: Kriegsverbrecher jagt Kriegsverbrecher
> Von Den Haag gesucht, leitet der ehemalige kongolesische Rebellenchef
> Bosco Ntaganda den Feldzug von Kongos Armee gegen ruandische Hutu-Milizen
> im Osten des Landes.
Bild: Für die UN kein Kooperationspartner: General Bosco Ntaganda.
BERLIN taz"Die Milizen umstellten mein Haus", erinnert sich ein junger
Familienvater aus der kongolesischen Stadt Luofu an die Nacht des 17.
April. Seine von Human Rights Watch protokollierte Aussage weiter: "Ich
konnte mich draußen verstecken, aber meine drei kleinen Söhne waren noch
drin und schliefen. Dann sah ich, wie die Milizionäre Feuer auf mein Haus
warfen, und meine drei Jungs sind verbrannt."
Dieser blutige Angriff der ruandischen Hutu-Miliz FDLR (Demokratische
Kräfte zur Befreiung Ruandas) auf Luofu im ostkongolesischen Busch rund 150
Kilometer nördlich der Provinzhauptstadt Goma, der mindestens 17 Tote
forderte, war kein Einzelfall. Unbeeindruckt von einer gemeinsamen
kongolesisch-ruandischen Offensive im Januar und Februar, verstärkt die
FDLR seit Monaten wieder ihre Angriffe in einem Gürtel, der zwischen den
lukrativen Bergbaugebieten in Ostkongos Regenwald und den großen grenznahen
Städten liegt. Aber der schreckliche Angriff auf Luofu weckte endlich die
UN-Mission im Kongo (Monuc) auf. Monuc-Chef Alan Doss besuchte am 23. April
Luofu und die nahe, von Flüchtlingen überlaufene Großstadt Kanyabayonga und
versprach Hilfe. Nur fünf Tage vor dem FDLR-Angriff hatten die in Luofu
stationierten UN-Beobachter den Ort verlassen und an Kongos Armee
übergeben.
Aber jetzt meldet der BBC-Rundfunk, stellvertretender Leiter der laufenden
Armeeoperationen gegen die FDLR im Ostkongo sei General Bosco Ntaganda, der
vom Internationalen Strafgerichtshof mit Haftbefehl gesucht wird. Mit ihm
darf die UNO offiziell nicht kooperieren. So bleibt offen, wie die UNO
Kongos Armee unterstützen kann.
Ntaganda ist einer von Kongos erfahrensten Warlords. Er war zuletzt
Militärchef der Tutsi-Rebellenbewegung CNDP (Nationalkongress zur
Verteidigung des Volkes) und kommandierte davor die Hema-Miliz UPC (Union
kongolesischer Patrioten), deren Führer Thomas Lubanga derzeit in Den Haag
vor Gericht steht. Lubanga und Ntaganda wird die Rekrutierung von
Kindersoldaten vorgeworfen.
Jeder im Ostkongo weiß längst, dass Ntaganda heute eine führende Rolle bei
der Armee spielt. Er war es, der im Januar die CNDP-Rebellen zum
Friedensschluss bewog und danach den gemeinsamen Feldzug Kongos und Ruandas
gegen die Hutu-Milizen mitorganisierte. Der endete vor zwei Monaten, und
inzwischen hat Kongos Armee eine neue Aktion gegen die Hutu-Milizen
gestartet, ohne Ruanda, genannt "Kimia zwei". Die UN-Mission leistet
logistische Hilfe, Ntaganda ist die rechte Hand des aus Kinshasa als
Kommandeur entsandten Generals Amuli und reist mit ihm umher. Er war sogar
in Kanyabayonga, als Doss die Region besuchte.
Viele Soldaten in dieser Region sind Boscos einstige CNDP-Kämpfer. Sie
sehen sich in Feindesland und verhalten sich entsprechend: Ein Augenzeuge
berichtet der taz, dass Soldaten sich nachts als FDLR-Milizionäre
verkleiden und plündern. Mobiltelefone, die bei solchen Angriffen gestohlen
werden, hätten sich am nächsten Tag im Besitz von Soldaten wiedergefunden,
heißt es. Da viele FDLR-Kämpfer ohnehin Regierungsuniformen tragen, ist das
durchaus plausibel - das Gegenteil allerdings ebenso.
Die Menschen stecken nun in der Falle zwischen Milizen und Soldaten. "Sie
sammeln sich in den städtischen Zentren, sie gehen nicht mehr in die
Berge", berichtet ein Beobachter.
Ungerührt kündigte Kongos Armeeführung am Dienstag die Ausweitung der
Operation "Kimia zwei" von der Provinz Nord-Kivu auf die Provinz Süd-Kivu
an. Dort verstärkt nach UN-Angaben die FDLR ihre Überfälle auf den
Warenverkehr in ihrer Hochburg Shabunda, Zentrum des Goldbergbaus. Und
Armeeeinheiten vertreiben Menschen aus ihren Dörfern. Kriegsverbrecher auf
allen Seiten.
29 Apr 2009
## AUTOREN
Dominic Johnson
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