# taz.de -- Hamm-Brücher attackiert Westerwelle: Große Dame rechnet mit FDP ab | |
> Die FDP boomt in der Krise. Doch die ehemalige FDP-Politikerin Hildegard | |
> Hamm-Brücher feiert nicht: Westerwelle sei ein „reiner Machtpolitiker“, | |
> der einen abgewirtschafteten Kapitalismus schütze. | |
Bild: Hildegard Hamm-Brücher attackiert scharf den Liberalen-Chef Guido Wester… | |
BERLIN taz | Die frühere FDP-Politikerin Hildegard Hamm-Brücher hat den | |
Liberalen-Chef Guido Westerwelle attackiert. „Ich glaube, dass die Form des | |
Kapitalismus, die Herr Westerwelle vertritt, nicht mehr zu vertreten ist“, | |
sagte die einstige Präsidentschaftskandidatin der FDP der | |
taz-Wochenendausgabe sonntaz. „Dieser Kapitalismus hat abgewirtschaftet, | |
das ganze System ist so diskreditiert, da kann man doch nicht einfach | |
sagen: Weiter so, und die Leute können auch in Zukunft mit ihrem Geld in | |
Steueroasen abziehen. Die schützt er ja jetzt auch schon wieder.“ | |
Kommendes Wochenende soll der FDP-Bundesparteitag in Hannover Westerwelle | |
im Amt bestätigen. Die Partei kommt in Meinungsfragen derzeit auf bis zu 15 | |
Prozent. Hamm-Brücher kritisierte eine Verengung der Partei auf die Person | |
des Vorsitzenden, nach ihrer Ansicht ein reiner Machtpolitiker. „Früher gab | |
es ein Team, zum Beispiel Herrn Genscher, Herrn Mischnick, Herrn Scheel, | |
die Frau Hamm-Brücher. Jetzt gibt es nur noch Herrn Westerwelle“, sagte | |
sie. „Herr Brüderle ist mittlerweile auch ein bisschen abgewirtschaftet.“ | |
Rainer Brüderle ist stellvertretender Bundesvorsitzender der Partei. Zudem | |
warf sie ihrer früheren Partei mangelnde Eigenständigkeit vor: „Nur gewählt | |
zu werden, um einer anderen Partei die Mehrheit zu verschaffen, ist ja auch | |
nicht gerade das Ideal.“ Auf die Frage, ob sie davon abrate, die FDP zu | |
wählen, sagte sie: „Ich warne davor, weil es sich um kommunizierende Röhren | |
handelt. Wenn es bei der CDU runtergeht, geht es bei uns wieder rauf – und | |
umgekehrt.“ | |
Die 87 Jahre alte Hamm-Brücher ist eine der großen Persönlichkeiten der | |
deutschen Politik. Sie war während der sozialliberalen Koaltion unter | |
Helmut Schmidt Staatsministerin im Auswärtigen Amt. 1994 kandidierte sie | |
als Bundespräsidentin. 2002 trat sie aus der FDP aus.“Ich finde, in allen | |
Parteien müsste mehr Liberalität sein, mehr Offenheit für Veränderung und | |
Pluralität“, sagte sie im sonntaz-Gespräch. | |
Hamm-Brücher lobte die Kanzlerin. Angela Merkel sei enorm gewachsen. „Wenn | |
sie neben Obama sitzt und richtig mit ihm flirtet, dann setzt sie ihre | |
Fraulichkeit ein. Das ist natürlich diplomatisch, aber sie macht das mit | |
einer Natürlichkeit, sie küsst den Sarkozy.“ Das Kanzleramt sei das einzige | |
Amt, das sie sich nie zugetraut hätte. „Ich habe ja als Staatsministerin | |
gesehen, was Helmut Schmidt seinerzeit von sechs Uhr früh bis zwei Uhr | |
nachts leisten musste.“ | |
Die Politikerin begann ihr Berufsleben im Journalismus. In dem Gespräch | |
schildert sie, wie sie bei Erich Kästner das Schreiben lernte. „Er erfand | |
immer neue Namen für mich. Wenn etwas gut war, sagte er: ‚Hilde-Gardinchen, | |
das haben Sie gut gemacht‘, oder er sagte: ‚Hilde Vorgärtchen, da müssen | |
Sie noch ein bisschen jäten.‘“ | |
8 May 2009 | |
## TAGS | |
Hildegard Hamm-Brücher | |
FDP | |
Guido Westerwelle | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |