# taz.de -- Raubkunst: Die Welfen sorgen erneut für Ärger | |
> Die Erben fordern den Welfenschatz zurück, doch die Stiftung Preußischer | |
> Kulturbesitz lehnt eine Restitution zunächst ab. | |
Bild: Das neben der Philharmonie liegende Kunstgewerbemuseum stellt einen Teil … | |
Den Berliner Museen droht möglicherweise ein erneuter Fall von NS-Raubkunst | |
- und zugleich eine weitaus größere Blamage als vor drei Jahren. Damals | |
musste Kirchners "Berliner Straßenszene" den jüdischen Alteigentümern | |
zurückgegeben werden. | |
Jetzt haben Erben von vier in der NS-Zeit verfolgten jüdischen | |
Kunsthändlern die Stiftung Preußischer Kulturbesitz (SPK) aufgefordert, den | |
Welfenschatz aus dem Besitz der Stiftung herauszugeben. Der Welfenschatz | |
ist eine der kostbarsten Sammlungen mittelalterlicher Kunst und wird im | |
Kunstgewerbemuseum ausgestellt. Die Stiftung hat in einer ersten Reaktion | |
signalisiert, sie werde den Schatz nicht ohne weiteres abgeben. | |
Die Erben und deren Anwalt begründen in einer 120 Seiten starken | |
Untersuchung - die der SPK und Medien zuging - ihren Eigentumsanspruch am | |
Welfengold mit neu entdeckten Dokumenten. Diese sollen beweisen, dass die | |
Frankfurter Kunsthändler Hackenbroch, Rosenbaum, Rosenberg und Goldschmidt | |
den Welfenschatz 1930 vom Herzog Ernst August von Braunschweig-Lüneburg | |
rechtmäßig erwarben. | |
Zugleich werde darin belegt, so Anwalt Markus Stötzel, dass die | |
Kunsthändler 1935 die Werke weit unter Wert an die Berliner Museen | |
verkaufen mussten. Die preußischen Behörden hätten die Lage der Juden | |
während der Nazi-Diktatur ausgenutzt und den Kaufpreis von 8 Millionen | |
Reichsmark auf fast die Hälfte gedrückt. | |
Stötzel verweist eindringlich auf die damalige politische Situation. Den | |
Besitzern sei die Existenzgrundlage entzogen worden, "man war schlicht und | |
einfach erpressbar". Es dränge sich der Eindruck auf, dass die Händler "gar | |
keine andere Möglichkeit hatten", als hier ein schlechtes Geschäft zu | |
machen. Damit hätte man den klassischen Fall von NS-Raubkunst. Seit der | |
"Washingtoner Erklärung" von 1998 gilt, dass solche Kulturgüter restituiert | |
werden müssen. | |
Stötzel sowie der Raubkunstexperte Stefan Koldehoff machen der Stiftung | |
zudem Vorhaltungen, dass diese nicht selbst die Provenienz des Schatzes | |
geklärt habe. Skandalös für die SPK sei, dass sie erst nach mehrmaligen | |
Drängen auf die Forderung reagiert habe. Die Staatlichen Museen hatten in | |
der Vergangenheit immer wieder mitgeteilt, Personal und Mittel zur | |
Aufklärung von NS-Raubkunst im eigenen Haus einzusetzen. | |
Die SPK wies die Vorwürfe, beim Welfenschatz handle es sich um NS-Raubgut | |
und die Museen wären unrechtmäßige Eigentümer, nun erst einmal zurück. | |
Norbert Zimmermann, Vizepräsident der Stiftung, sagte zu dem "komplizierten | |
Fall", er könne bis dato nicht erkennen, dass die Kunstwerke den | |
Eigentümern "abgepresst" worden seien. Es sei unklar, ob die Kunsthändler | |
1935 "tatsächlich von den Nazis zum Verkauf der Sammlung gezwungen worden | |
seien". Zu diesem Zeitpunkt seien die Händler und das Kunstgut wohl im | |
Ausland gewesen. | |
Der Vizepräsident äußerte auch Zweifel daran, dass der Welfenschatz unter | |
Wert verkauft werden musste. Laut Zimmermann bemühten sich die vier Händler | |
nicht erst nach 1933 um einen Verkauf, sondern schon Ende der 20er-Jahre. | |
Wenn es keinen Käufer gab, dann habe das "natürlich auf die Preisbildung | |
Einfluss", so Zimmermann. | |
Sollte jedoch der Nachweis erbracht werden, dass der NS-Staat den Händlern | |
den Schatz abgepresst habe, wäre das sicher ein Aspekt, der "die | |
Restitution nahezu erzwingen würde", so Zimmermann. Die SPK will bis Ende | |
Mai die Fakten prüfen und sich zu den Vorwürfen äußern. | |
11 May 2009 | |
## AUTOREN | |
Rolf Lautenschläger | |
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