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# taz.de -- U17 im EM-Finale: Sekundäre Primärtugenden
> Der deutsche Fußballnachwuchs kann am Montag Europameister werden.
> Möglich wurde der Finaleinzug, weil die Mannschaft nicht nur auf Kampf
> setzt - und die Italiener 2:0 besiegte.
Bild: Erfolgreich abgeschirmt: Der deutsche Spielführer Reinhold Yabo im Zweik…
Den Titel. Nichts anderes hatte DFB-Sportdirektor Matthias Sammer als Ziel
ausgegeben. Und nun ist er möglich. Am Montag kann das deutsche
U17-Nationalteam Europameister werden. Im Finale von Magdeburg (11 Uhr)
geht es gegen die Niederlande.
Im an Nachwuchsturnieren reichen Jahr 2009 hat Sammer bereits mehrfach
gefordert, dass die deutschen Nachwuchskicker endlich mal wieder Zählbares
einfahren sollen. "Wir brauchen wieder die Siegermentalität, die deutsche
Mannschaften lange Zeit ausgezeichnet hat"; forderte der von DFB-Präsident
Theo Zwanziger einst gegen den Willen von Klinsmann und Löw ins Amt
gehievte Sportdirektor. Vor allem weil er seine Siegesforderung mit den
bereits ins Archiv der Fußballgeschichte entsorgten, sogenannten deutschen
Tugenden verband, traf er damit nicht nur auf Zustimmung.
Mit dem bisherigen Verlauf der in Ostdeutschland stattfindenden U17-EM
dürfte Sammer aber zufrieden sein. Die Mannschaft von Trainer Marco
Pezzaiuoli eilte in der Vorrunde von Sieg zu Sieg. In den drei Spielen
gegen die Türkei, England und die Niederlande kassierten die Deutschen
lediglich ein Gegentor (gegen die Türkei) und gewannen immer mit mindestens
zwei Toren Unterschied.
Allerdings: Ausgerechnet beim 2:0-Vorrundensieg gegen den heutigen
Finalgegner Niederlande hatte die damals schon fürs Halbfinale
qualifizierte Mannschaft, so Sammer, Glück. Zu sehen war aber auch: Die
deutschen Spieler waren kombinationssicheren Niederländern technisch
ebenbürtig. Entscheidend war letztlich die bessere Physis. So sieht auch
der Trainer das Zweikampfverhalten und die Konzentration als Stärke seiner
Mannschaft an.
Am vergangenen Freitag im Halbfinale gegen Italien war die gute
Konstitution der Mannschaft wieder entscheidend. Gegen die starke
italienische Mannschaft, die mit mehreren Spielern aus italienischen
Topklubs antrat, fiel es den Deutschen zunächst deutlich schwerer als in
den Gruppenspielen, ihr Spiel durchzusetzen. Die erste Halbzeit verlief
ausgeglichen, keines der beiden Teams konnte sich viele Chancen
herausspielen, sie neutralisierten sich meist im Mittelfeld.
Erst in der zweiten Halbzeit kam die deutsche Mannschaft zu zwingenden
Gelegenheiten. Ab Mitte der zweiten Halbzeit dominierte sie schließlich das
Spiel, und in der 69. Minute erzielte Reinhold Yabo das 1:0. Nachdem sich
Florian Trinks an der Mittellinie durchgesetzt hatte und in den Strafraum
flankte, konnte der italienische Schlussmann Perin nur den ersten Versuch
abwehren. Yabos Nachschuss fand das freie Tor.
"Man hat gesehen, dass wir zweikampfstark und körperlich robust sind",
hatte Pezzaiuoli vor dem Spiel gesagt - und angefügt, dass das nun mal eine
wichtige Voraussetzung sei, um Spiele zu gewinnen. Damit liegt er weniger
auf der Linie des DFB-Sportdirektors, sondern auf der des Bundestrainers.
"Das, was wir die deutschen Tugenden nennen, ist eine
Selbstverständlichkeit," betont Joachim Löw immer wieder. Ihre physische
und psychische Stärke ermöglichte es der deutschen U 17, ihre Spiele zu
gewinnen. Die Tore aber erzielt sie mit durchdachten Kombinationen und dank
individueller Klasse.
Der Treffer zum 2:0 gegen Italien war ein gutes Beispiel dafür: Gegen Ende
der Partie spielte Mario Götze auf Höhe der Eckfahne Bienvenue
Basala-Mazana an, der gegen drei Verteidiger in den Strafraum dribbelte,
zurück auf Götze passte und die abermalige Rückgabe trocken im Tor
versenkte. Dieser doppelte Doppelpass war die beste Kombination des Spiels.
Möglich wurde sie nur, weil die Mannschaft über die Physis verfügte, kurz
vor Ende des Spiels immer noch so zu spielen wie in der ersten Spielminute.
Deutsche Nachwuchsspieler, die im Ausland spielen, berichten immer wieder,
dass in der Ausbildung hierzulande die Konzentration auf die koordinativen
und konditionellen Fähigkeiten liege. In England, Spanien und Italien werde
dagegen mehr Wert auf Technik und Taktik gelegt.
Zwei Deutsche, Christopher Buchtmann und Shkodran Mustafi, wechselten früh
ins Ausland. Buchtmann spielt beim FC Liverpool, Mustafi durchlief die
Nachwuchsabteilung des FC Everton. Von der Klasse Buchtmanns profitiert
Pezzaiuolis Mannschaft deutlich. Ein Tor erzielte er selbst, vier bereitete
er vor. In England gilt er als der talentierteste deutsche Spieler.
Pezzaiuoli, der auch als Co-Trainer von Löw zur Diskussion stand, sieht es
pragmatisch: "Sammer meint, dass man den Willen zum Erfolg immer wieder
entdecken sollte. Ob man das dann deutsche Tugenden nennt oder nicht, ist
doch egal." Seine Mannschaft zeigt, dass diese Eigenschaften zum modernen
Fußball gehören. Allerdings als Grundvoraussetzungen und nicht als
Primärtugenden.
18 May 2009
## AUTOREN
Milan Jaeger
## TAGS
Deutscher Fußballbund (DFB)
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