Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Michael Haneke gewinnt Goldene Palme: "Ein Film ist wie eine Sprung…
> Seine oft verstörenden Filme setzen sich mit den Ursachen von Gewalt
> auseinander. Auch im Cannes-Gewinner, "Das weiße Band", analysiert der
> Österreicher, wie die Perversion von Idealen in Gewalt mündet.
Bild: Jury-Präsidentin Isabelle Huppert gratuliert dem Gewinner der "Goldenen …
CANNES dpa | Michael Haneke verlangt seinem Publikum eine Menge ab. Seine
Filme haben stets etwas Verstörendes. Der in München geborene Österreicher,
der am Sonntagabend mit der Goldenen Palme des Festivals in Cannes
ausgezeichnet wurde, legt seine elegant inszenierten Werke oft wie einen
Thriller oder Krimi an - und verweigert am Ende die Auflösung.
"Das ist mein Prinzip", erklärte der 67-Jährige in Cannes. Es sei die
Aufgabe von Kunst, Fragen zu stellen. Danach sei der Betrachter dran.
Haneke: "Ein Film ist wie eine Sprungschanze. Springen muss der Zuschauer
selbst."
Eine Mischung aus Angst, Bedrohung und Gewalt bildet den gefühlten Kern
vieler Haneke-Filme, die das Verhalten von Menschen unter besonderen
Bedingungen wie in einer Forschungsstudie unter der Lupe beobachten. Der
Sohn eines Schauspieler-Paares hat sich schon früh bemüht, dem menschlichen
Wesen auf den Grund zu gehen: Er studierte Philosophie und Psychologie.
Nach Arbeiten fürs Fernsehen gelang ihm mit seiner zweiten Kinoarbeit
"Bennys Video" 1992 eine Provokation: Der heute fast visionär wirkende Film
löste eine Diskussion über die Folgen von Gewaltvideos auf Jugendliche aus
- ein Thema, das Haneke fünf Jahre später mit dem Schocker "Funny Games"
weiter vertiefte.
In diesem Film quälen und foltern zwei Jugendliche eine Familie in einem
Ferienhaus kaltblütig zu Tode, anscheinend ohne Motiv, ohne große Emotion,
neugierig auf Leid - und begleitet von Gewaltdarstellungen auf dem
Fernsehschirm.
Danach ging Haneke nach Paris, wo seine Arbeit auf größte Bewunderung
stieß. In Frankreich verfilmte er mit Isabelle Huppert als
Hauptdarstellerin den Roman "Die Klavierspielerin" von Elfriede Jelinek. In
Cannes gab es dafür 2001 den Großen Preis der Jury. 2005 folgten ein
Regiepreis in Cannes und der Europäische Filmpreis für seinen
beunruhigenden Thriller "Caché" mit Juliette Binoche.
Für Haneke entspringen "alle Formen von Gewalt und Terrorismus derselben
Quelle", betonte er in Cannes: der Perversion von Idealen, die man in
soziale Regeln übersetzt. In "Das weiße Band" sind es die "Schwarze
Pädagogik" der wilhelminischen Zeit, die absolute Autorität von Vätern, das
Prinzip von Bestrafung durch "reinigende" Prügel, der rigorose Glaube,
Heuchelei und Frauenverachtung, die zu verkrüppelten Kinderseelen führen.
Ob diese Kinder sich dann tatsächlich ein gewalttätiges Ventil suchen, ob
sie möglicherweise besonders empfänglich werden für den deutschen
Faschismus 20 Jahre später - das beantwortet er nicht. In Deutschland,
betonte der Regisseur, könne man das gern als "deutsches Thema sehen", aber
sein Film habe eher einen universellen Ansatz. Genauer wollte er nicht
werden. Seinen Prinzipien bleibt Haneke beharrlich treu.
25 May 2009
## ARTIKEL ZUM THEMA
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.