# taz.de -- Strom aus der Sahara für Europa: Afrika-Experten zweifeln an Solar… | |
> Solarstrom aus der Sahara soll an Europa geliefert werden. Nordafrika | |
> habe aber dringendere Sorgen, als die Energieprobleme Europas zu lösen, | |
> warnen Afrika-Experten. | |
Bild: "Nomadenvölker sind auf den Lebensraum Wüste angewiesen", sagt Historik… | |
BERLIN taz Die einen haben das Geld und die Technik, die anderen die Sonne | |
- auf den ersten Blick schafft das nur Gewinner. Doch ganz so einfach | |
stehen die Dinge in Wirklichkeit nicht: "Kein nordafrikanischer Staat hat | |
Lust, Europas Energieprobleme zu lösen", warnt Thomas Hüsken von der | |
Universität Bayreuth. Statt sich nur um eigene Interessen zu kümmern, müsse | |
die EU ein Konzept entwickeln, das die Interessen aller Beteiligten | |
berücksichtige. Aus der Perspektive der nordafrikanischen Staaten seien | |
dies Technologietransfer, Arbeitsplätze und die Befriedigung ihres eigenen | |
steigenden Energiebedarfs. | |
Für Hansjörg Müller, der im Auftrag der Gesellschaft für Technische | |
Zusammenarbeit die tunesische Energieagentur berät, sind Solaranlagen in | |
Nordafrika kaum durchsetzbar, solange der Wüstenboden reichlich Öl und Gas | |
hergibt. Damit lässt sich ohne große Mühe viel Geld verdienen. Warum | |
sollten sich die Profiteure auf teure Experimente mit unbekannten | |
Technologien einlassen? | |
In Ägypten hingegen sieht man die Solarpläne grundsätzlich positiver, | |
berichtet Kilian Baelz, der Leiter des Regional Centre for Renewable Energy | |
and Energy Efficiency in Kairo. Dies liege an der langjährigen Erfahrung | |
mit erneuerbaren Energien, insbesondere mit großen Windparks. Für Baelz | |
besteht die Herausforderung darin, den Solarplan in konkrete Maßnahmen zu | |
übertragen. Bisher konnten sich die Europäer nicht auf eine gemeinsame | |
Linie einigen, weshalb der Plan in der arabischen Welt gern als "Solar | |
Joke" belächelt wird, sagt Baelz. Er warnt vor übertriebenen Hoffnungen: | |
"Der Energieverbrauch nordafrikanischer Staaten wächst so rasant, dass sie | |
den eigenen Bedarf kaum decken können. Der Export nach Europa wäre | |
allenfalls ein Sahnehäubchen." | |
Vor möglichen innerafrikanischen Verteilungskonflikten warnt Winfried | |
Speitkamp, Historiker für afrikanische Geschichte und Mitglied des | |
Arbeitskreises Solarenergie der Universität Gießen. Südliche Saharastaaten | |
wie Mali, Niger oder Tschad gehörten zu den ärmsten Ländern der Welt, | |
spielten in den kühnen Solarplänen aber keine Rolle. Da es dort kein | |
zusammenhängendes Stromnetz gebe, seien diese Länder eher an kleinen, | |
dezentralen Kraftwerken und weniger an Großprojekten interessiert. | |
Besonders stört sich Speitkamp an der weit verbreiteten Annahme, die Sahara | |
sei menschenleer: "Wo wir nur Sand sehen, leben seit Jahrtausenden | |
Nomadenvölker, die auf den Lebensraum Wüste angewiesen sind." Die | |
Unsicherheit in der Sahara nimmt in den letzten Jahren zu, immer wieder | |
kommt es zu Entführungen westlicher Touristen und Arbeitskräfte. | |
Großflächige Solaranlagen könnten Verbrechen oder Terroranschläge | |
provozieren - insbesondere dann, wenn sie nicht wie versprochen Wohlstand | |
und Arbeit bringen. | |
Zurückhaltung herrscht deshalb auch beim Afrika-Verein der deutschen | |
Wirtschaft. Sein Sprecher Michael Monnerjahn weist darauf hin, dass im | |
April beim letzten deutsch-afrikanischen Energieforum die nordafrikanischen | |
Regierungen wieder einmal nur sehr vage Planungen vorgelegt hätten. Bislang | |
zumindest handle es sich um "Visionen, die in Europa entstehen und nach | |
Nordafrika getragen werden". | |
MARK BERGER, JENS PIETRUCHA | |
28 May 2009 | |
## AUTOREN | |
Mark Berger | |
Jens Pietrucha | |
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