# taz.de -- Nach langem Hin und Her bestätigt: Gabuns Präsident Bongo ist tot | |
> Nach fast 42 Jahren an der Macht ist Gabuns Präsident Omar Bongo, der | |
> verlässlichste Alliierte Frankreichs in Afrika, in einem spanischen | |
> Krankenhaus gestorben. | |
Bild: Nicht nur "im Urlaub" wie es bis Montag Mittag aus Gabun hieß: Präsiden… | |
42 Jahre lang regierte er mit eiserner Hand. Und als es vorbei war, | |
versuchte Gabuns Staat, den Tod von Präsident Omar Bongo, dienstältester | |
Staatschef der Welt mit Ausnahme Fidel Castros, unter der Decke zu halten. | |
Nach amtlichen Angaben ist Bongo am Montag nachmittag gestorben, aber in | |
Gabuns Hauptstadt Libreville rückte das Militär schon Sonntagabend mit | |
Panzern aus, gestern waren Internet- und Mobilfunkverbindungen mit dem | |
Ausland unterbrochen, die Bevölkerung versorgte sich mit Hamsterkäufen. | |
Am späten Sonntagabend hatte die Website der französischen Zeitschrift Le | |
Point unter Berufung auf Bongos Entourage den Tod des 73-Jährigen gemeldet, | |
der seit Anfang Mai mit Darmkrebs im spanischen Barcelona im Krankenhaus | |
liegt. Die Nachricht verbreitete sich in Windeseile. Frankreichs | |
Verteidigungsminister Hervé Morin bestätigte Bongos Tod - Frankreich | |
unterhält in Libreville eine ständige Militärbasis. Nur Gabuns Regierung | |
sagte, sie sei "nicht im Bilde", und flog nach Spanien, um nachzusehen. Am | |
Montagvormittag behauptete Premierminister Jean Eyeghe Ndong: "Bongo lebt." | |
Gabuns Präsidentschaft wiederum erklärte, der Staatschef setze seinen | |
"Urlaub" fort. | |
Nach einer weiteren Todesmeldung durch die spanische Zeitung La Vanguardia, | |
diesmal datiert auf Montag 14 Uhr, bestätigte Gabuns Premier schließlich | |
doch den Tod des Staatschefs an "Herzstillstand", rief 30 Tage Staatstrauer | |
aus und wand sich heraus: "Um 14 Uhr 30 hat mich das Ärzteteam informiert", | |
erklärte Eyeghe Ndong. | |
Bongos Ableben in Raten offenbart die Krankheit seines Regierungssystems. | |
Der 73-Jährige war nicht nur der Doyen der Präsidenten Afrikas, sondern vor | |
allem die Spinne im Netz der mafiösen Freundschaftsbeziehungen zwischen | |
Afrika und Paris - ein von Afrikas junger Generation verhasstes System | |
gegenseitigen Absahnens auf der Grundlage fetter Rohstoffprofite, das mit | |
Bongo sterben könnte. | |
1967 kam der damals 31-jährige Albert-Bertrand Bongo, der sich erst seit | |
seinem Übertritt zum Islam Omar nannte, an die Macht. Der Freimaurer war | |
eng mit Frankreichs Gaullisten befreundet. Man vereinbarte, dass er hohe | |
Einnahmen aus der französischen Uran- und Ölförderung in seinem Land behält | |
und Gabun dafür Basis französischer Militärinterventionen in Afrika wird. | |
Vor allem aber behielt Bongo das Geld nicht, sondern erhebliche Summen | |
flossen als Parteispenden oder Immobilienkäufe nach Frankreich zurück. | |
So wurde Gabun zu Afrikas reichstem Land, mit einem Pro-Kopf-Einkommen von | |
4.000 Dollar im Jahr und mehr. Die Elite schwelgte in französischen | |
Luxusimportwaren, die Bevölkerung vegetierte in absoluter Armut; es dauerte | |
lange, bis Gabuns Einwohnerzahl überhaupt die Millionengrenze überschritt. | |
Dass Bongos tief im Regenwald liegender Geburtsort Lewai jetzt "Bongoville" | |
heißt und eine der wichtigsten gabunischen Städte "Franceville", spricht | |
Bände über das Staatsverständnis des kleinen Präsidenten, jüngster von 12 | |
Kindern, der Schuhe mit noch höheren Absätzen trug als Nicolas Sarkozy und | |
am liebsten so posierte wie Napoleon. Gerade weil Gabuns Volk so | |
überschaubar ist, konnte der Präsident es immer über persönliche Patronage | |
einbinden. Nach langer Diktatur gewann er 1993 seine ersten | |
Mehrparteienwahl mit 51 Prozent, und die Regierungszeitung gab hinterher | |
zu, man habe die Stimmzettel vermehrt "wie Jesus das Brot". | |
Politik in Gabun ist Familienpolitik, und wer nicht zur Familie gehört, | |
verschwindet besser. Bongos erste Frau Josephine, die ihn mit 15 Jahren | |
heiratete, ließ sich 1986 scheiden, 7 Jahre nachdem eine gabunische | |
Todesschwadron bei Paris ihren Liebhaber umbrachte. Bongo heiratete 1990 | |
die Tochter seines Amtskollegen Denis Sassou-Nguesso aus Kongo-Brazzaville, | |
Edith Lucie. Sie starb im März dieses Jahres, und der verwitwete Präsident | |
schien sich davon nicht erholt zu haben. Er reiste nach Spanien, offiziell | |
zum Trauern, und gab am 6. Maidie Amtsgeschäfte auf, ohne sie an jemand | |
anders zu übergeben. | |
Um Bongos kurios inszeniertes Ende zu verstehen, hilft ein Blick auf seine | |
Anfänge. Als sein Vorgänger Leon Mba im November 1967 starb - auch an | |
Krebs, in einem Pariser Krankenhaus - war Bongo Vizepräsident und damit | |
nicht designierter Nachfolger. Wie er doch Staatschef wurde und wie lange | |
davor Mba schon tot war, ist bis heute ungeklärt. Heutzutage wird laut | |
Verfassung bei einer Vakanz an der Staatsspitze der Senatspräsident | |
kommissarisch Staatschef, um Wahlen zu organisieren. Das wäre die | |
45-jährige Rose Francine Rogombe. Aber Gabuns Institutionen haben wenig | |
Macht gegenüber der Präsidentenfamilie. | |
Am mächtigsten ist Verteidigungsminister Ali Bongo, ältester Sohn des | |
Präsidenten, der geboren wurde, als seine offizielle Mutter Josephine 14 | |
war. Er ist allerdings zerstritten mit seiner Schwester Pascaline, deren | |
Mann Paul Toungui Außenminister ist. Sie soll mit rund 50 Mitarbeitern nach | |
Barcelona zum Vater gezogen sein, zu Hotelzimmerpreisen von 3.000 Euro pro | |
Nacht. Das System Bongo könnte in einem Machtkampf untergehen. | |
"Es muss einen transparenten Wechsel geben", fordert Bruno Ella, Sprecher | |
des Oppositionsbündnisses "Bongo Doit Partir" (Bongo muss weg) gegenüber | |
der taz, und hofft, ganz Gabuner, auf Paris: "Der französische Staat muss | |
eine neutrale Schiedsrichterrolle spielen." Es wird noch lange dauern, bis | |
Gabun aus Bongos Schatten heraustritt - und aus dem Frankreichs. | |
8 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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