# taz.de -- Kommentar Nigeria und Shell: Vergleich für die Zukunft | |
> Die nigerianischen Umweltschützer haben eine strategische Wahl getroffen: | |
> Sie arbeiten jetzt mit dem Staat und müssen Shell mitnehmen auf ihrem Weg | |
> zu mehr Gerechtigkeit. | |
Die Klage nigerianischer Umweltaktivisten gegen den Ölmulti Shell wegen | |
Mitverantwortung bei schweren Menschenrechtsverletzungen war bedeutsam weit | |
über Nigeria hinaus. Es ging ums Prinzip: Ist ein multinational | |
investierender Konzern, der Förderkonzessionen für Rohstoffe erworben hat, | |
haftbar zu machen für illegale Vorgänge, die in seinem Operationsgebiet | |
geschehen? Wenn ein Konzern für die Erschießung friedlicher Demonstranten | |
und die Hinrichtung gewaltfreier Oppositionsführer durch die gastgebende | |
Regierung zur Verantwortung gezogen werden kann, hat das massive | |
Auswirkungen weltweit. | |
Nun ist das Verfahren "Wiwa vs Shell" mit einem außergerichtlichen | |
Vergleich zu Ende gegangen, und auch dies hat übergeordnete Bedeutung. Die | |
nigerianischen Umweltschützer, die Shell jetzt 13 Jahre lang vor einem | |
US-Gericht auf die Nerven gegangen sind, suchten nicht nur Genugtuung für | |
vergangenes Leid. Sie haben auch eine strategische Wahl getroffen: Das | |
ölreichste Land Afrikas südlich der Sahara ist dabei, seine Ölindustrie | |
komplett neu zu ordnen, nachdem sie jahrzehntelang Quelle von Unrecht und | |
Konflikt gewesen ist, und die einstigen Mitstreiter Saro-Wiwas wollen in | |
diesem Reformprozess federführend dabei sein. | |
Sie arbeiten jetzt mit Nigerias Staat, nicht mehr gegen ihn, und | |
logischerweise können sie dann nicht mehr gegen den größten ausländischen | |
Ölkonzern in Nigeria agitieren, sondern müssen ihn mitnehmen auf ihrem Weg | |
zu mehr Gerechtigkeit. Wenn das gelingt, könnte Nigeria ein Modell für | |
fortschrittliche Rohstoffextraktion werden statt wie bisher ein Modell für | |
Rohstoffkonflikte. | |
Es liegt nun an Shell, Taten vor Ort folgen zu lassen. Hätte der Konzern | |
sich in Nigeria nichts vorzuwerfen, würde er wohl kaum 15 Millionen Dollar | |
dafür ausgeben, einen Prozess zu beenden. | |
9 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
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