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# taz.de -- Drogenfilm "Contact High": Kino ist das wirksamste Halluzinogen
> Mit "Contact High" hat der österreichische Regisseur Michael Glawogger
> eine irre Verwechslungsfarce im Geiste von Louis de Funès gedreht.
Bild: Merkwürdige Visionen und schwachsinnige Irrtümer: Max (l., Michael Ostr…
Der österreichische Regisseur Michael Glawogger hat sich mit bildgewaltigen
Dokumentarfilmen ("Workingmans Death", "Megacities") und eigenwilligem
Kunstkino ("Slumming", demnächst: "Das Vaterspiel" nach Josef Haslinger)
international einen Namen gemacht. Dass er nebenbei auch die lustigsten
Komödien Österreichs inszeniert, ist allerdings bisher kaum über die
Landesgrenzen gedrungen: Seine sanft surreale Sexfarce "Nacktschnecken" von
2004 wurde in der Heimat ein Kultfilm, offenbar schien der inspirierte
steirische Schmäh aber nicht exportfähig.
Nun verblüfft Glawogger mit der überbordenden Drogenfantasie "Contact High
- the Good, the Bad and the Bag", in der er die Hauptfiguren von
"Nacktschnecken" auf einen knallbunten Trip ins Wunderland schickt (sie
werden in einem Musikfilm noch mal wiederkehren: Glawogger plant eine
Trilogie zu "Sex & Drugs & Rock n Roll"): Die Suche nach einer mysteriösen
Tasche führt die zwei Exstudenten und nunmehrigen erfolglosen
Würstelbudenbetreiber Max Durst (Michael Ostrowski, auch Koautor des
Drehbuchs) und Hans Wurst (Raimund Wallisch) nach Polen, ein zweites
Katastrophenduo (genial gegensätzlich in Auftreten wie Ausdruck:
Austro-Prolo Georg Friedrich und Detlev Buck als sein salbungsvoller
deutscher Auftraggeber) folgt zu Überwachungszwecken.
Die Ereignisse eskalieren in einer Explosion filmischer Einfälle: Was wie
eine Kifferkomödie als benebelte Mission beginnt (das titelgebende Phänomen
wird eifrig ausgekostet: Durst nimmt die Drogen, Wurst spürt sie per
"Contact High"), wird zur irrwitzigen Verwechslungsfarce im Geiste von
Louis de Funès, wenn bei der turbulenten Jagd vier Taschen
durcheinandergeraten - die sich nicht im geringsten ähnlich schauen!
Wundersame Transformationen sind die Triebfeder dieses unglaublichen Films:
Während merkwürdige Visionen und schwachsinnige Irrtümer für heiteres Chaos
sorgen, schwelgt Glawogger im (Farben-)Rausch. Die üppige Ausstattung ist
liebevoll mit Kitschaccessoires verziert, es gibt psychedelische
Trickeffekte aller Art: von der Tanzfläche einer Disco voller Menschen mit
Hundeköpfen bis zum bitteren Erwachen im unerklärlicherweise auf
Miniaturgröße geschrumpften Hotelzimmer, dazu hochkomische internationale
Sprachverwirrung zwischen Graz, Mexiko und dem polnischen Ort Drogomysl.
Und exakt in der Filmmitte läuft zu Captain Beefhearts "Mirror Man" dann
überhaupt alles verkehrt.
Statt gewöhnlicher Gagdramaturgie regiert eine kindlich-euphorische Freude
am Fabulieren und Entdecken, am Zaubern und Zitieren (von Lewis Carroll bis
zu Robert Crumb): Das ansteckende, leicht überdrehte Glücksgefühl, das sich
dabei einstellt, ist sichtlich auch Ausdruck von Glawoggers Freude am Spiel
mit der Wahrnehmung.
Alle seine Filme kreisen um den Akt des Sehens, und bei allen
Drogeneskapaden feiert "Contact High" eindeutig das Kino als das wirksamste
Halluzinogen. Die Überfülle an Details, beim einmaligem Sehen kaum zu
fassen, produziert ihr ganz eigenes High.
18 Jun 2009
## AUTOREN
Christoph Huber
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