# taz.de -- Zeugen Jehovas: Anerkennung wider Willen | |
> Der Bremer Senat hat ein Gesetz zur rechtlichen Gleichstellung der Zeugen | |
> Jehovas mit den großen Kirchen vorgelegt. Juristisch berufen sich die | |
> Zeugen auf höchstrichterliche Urteile | |
Bild: Sollen jetzt auch in Bremen die gleichen Rechte bekommen wie die großen … | |
Die Zeugen Jehovas (ZJ) sollen mit den großen Kirchen rechtlich | |
gleichgestellt werden. Das sieht ein Gesetzentwurf des Senats vor. Die | |
Bürgerschaft entscheidet über die Verleihung des Status als Körperschaft | |
des öffentlichen Rechts nach der Sommerpause. | |
Hintergrund ist ein 15 Jahre dauernder Rechtsstreit der ZJ in Berlin, der | |
bis zum Bundesverfassungsgericht ging. Der Berliner Senat unterlag 2006 und | |
musste den ZJ, die bundesweit nach eigenen Angaben 200.000 Mitglieder | |
zählen, als erstes Bundesland den Körperschaftsstatus verleihen. Die | |
beantragten ihn daraufhin auch in den anderen Ländern. Die meisten folgten | |
dem Antrag bereits. Offen ist die Anerkennung noch in fünf Ländern. In | |
Bremen berufen sich die ZJ auf rund 2.000 Mitglieder. | |
"Erfreut sind wir nicht", sagt der religionspolitische Sprecher der | |
Grünen-Fraktion, Frank Willmann. "Letztlich sind wir aber gezwungen." | |
Schließlich seien die rechtlichen Aspekte im Streit mit Berlin geprüft | |
worden. "Mit einer Aufwertung hat das nichts zu tun", sagt Willmann. | |
Anders sieht das Elisabeth Motschmann, kirchenpolitische Sprecherin der | |
CDU-Fraktion. "Wir tun uns schwer damit", sagt sie. "Man würde den ZJ die | |
gleichen Rechte wie der katholischen und evangelischen Kirche einräumen." | |
Einfach durchwinken werde die CDU den Gesetzesantrag nicht, so Motschmann. | |
Denn sie macht neben der juristischen eine "inhaltlich-politische Seite" | |
der Anerkennung aus: Sie habe nicht nur Zweifel an der Toleranzfähigkeit | |
der ZJ gegenüber anderen Religionen und Weltanschauungen, auch an ihrer | |
Staatsloyalität. So lehnen die ZJ die Teilnahme an Wahlen, am Militär- wie | |
auch am Zivildienst ab. "Mittlerweile stellt man dem Einzelnen die | |
Entscheidung zwar frei", sagt Motschmann. "Die Frage ist aber, ob es sich | |
dabei um einen inneren Wandel der ZJ handelt, oder ob man nur vorsichtiger | |
in den öffentlichen Verlautbarungen geworden ist." Zudem befürchte sie, | |
dass die Mitgliedschaft Einschränkungen der persönlichem Freiheit bedeute. | |
Und führt die Ablehnung von Bluttransfusionen oder von Festen wie | |
Weihnachten an. "Auch das ist dem Einzelnen zwar freigestellt", sagt | |
Motschmann, "offen ist aber, ob er bei seiner Entscheidung nicht unter | |
Druck steht." | |
Die ZJ selbst betrachten sich als unpolitisch. Den Körperschaftsstatus | |
streben sie an, um eine ihrer Größe entsprechende Rolle in der Gesellschaft | |
zu spielen, sagt Gajus Glockentin, Sprecher der deutschen ZJ-Zentrale in | |
Selters. Das bedeute aber nicht, dass man Privilegien wie die Teilnahme an | |
Gremien wie dem Rundfunkrat oder das Einziehen von Kirchensteuern vom Staat | |
tatsächlich in Anspruch nehmen wolle. Vor allem gehe es um | |
"Verwaltungsvereinfachungen", so Glockentin. Zu "unpraktikabel" sei die | |
administrative Arbeit der bislang als Vereine organisierten 1.400 Gemeinden | |
bundesweit. | |
"Politische Forderungen stellen die ZJ nicht", sagt auch Helmut Hafner, | |
Beauftragter für den interreligiösen Dialog beim Bremer Senat. "Wenn ihre | |
Anerkennung hilft, dass sie sich mehr nach außen öffnen", sagt Hafner, | |
"dann hätte sie etwas Gutes." | |
Für Glockentin zeigt keine Religionsgemeinschaft mehr Bereitschaft zum | |
interreligiösen Dialog als die ZJ. "Das zeigt schon die Tatsache, dass wir | |
von Haus zu Haus gehen." Ob man den Dialog künftig auf institutioneller | |
Ebene führe, sei noch nicht abzusehen. | |
21 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Teresa Havlicek | |
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