# taz.de -- Ingeborg-Bachmann-Preis: Konfrontationswille wünschenswert | |
> 14 Autoren lesen um die Wette, sieben Juroren streiten, doch niemandem | |
> ist richtig bange. Am Mittwoch werden in Klagenfurt die 33. Tage der | |
> deutschsprachigen Literatur eröffnet. | |
Bild: Wortreich am Wörthersee: Jury bei der Lesung für den Bachmannpreis 2007. | |
Wenn Mittwochabend die 33. Tage der deutschsprachigen Literatur im | |
Klagenfurter ORF-Theater mit einer Rede des Schriftstellers Josef Winkler | |
eröffnet werden, dann ist das nicht nur deshalb ganz passend, weil Winkler | |
gleich um die Ecke wohnt. Es ist auch ein Jubiläum: Vor 30 Jahren wurde | |
Winkler hier mit dem Sonderpreis der Jury ausgezeichnet. | |
Vielleicht wird Winkler also etwas darüber erzählen, wie sich das Wettlesen | |
um den Ingeborg-Bachmann-Preis, den wichtigsten und über lange Zeit | |
gefürchtetsten Literaturwettbewerb im deutschsprachigen Raum, seither | |
verändert hat. Schaut man sich die 14 Autoren und Autorinnen an, die von | |
der Jury in diesem Jahr nominiert worden sind, dann scheint sich eine | |
Tendenz der letzten Jahre zu bestätigen: So groß ist die Furcht nicht mehr. | |
Mehr und mehr nämlich sind es auch etablierte Autoren, die sich mit ihren | |
Texten der Jury stellen und riskieren, öffentlich abgewatscht zu werden - | |
und damit möglicherweise ihren Ruf aufs Spiel setzen. | |
Auch in diesem Jahr sind mit Ralf Bönt und Bruno Preisendörfer zwei alte | |
Hasen des Literaturbetriebs dabei. Und bei den jüngeren Autoren findet man | |
etwa mit Gregor Sander, Andreas Schäfer oder Christiane Neudecker, deren | |
Roman "Nirgendwo sonst" im vergangenen Jahr viel beachtet wurde, | |
Teilnehmer, die sich längst einen Namen gemacht haben. Eine Autorin wirkt | |
in diesem Kreis geradezu exotisch: Caterina Satanik, Jahrgang 1976, die | |
nach eigenem Bekunden noch nie den Versuch unternommen hat, ihre | |
Erzählungen oder Gedichte zu veröffentlichen. | |
Ob nun Etablierte oder Neulinge - vermutlich wird deshalb keinem vor der | |
Nabelschau am Wörthersee wirklich bange, weil die Klagenfurter Jury in der | |
Vergangenheit einigermaßen handzahm geworden ist. An ernsthafte | |
Zerwürfnisse oder vernichtende Urteile kann man sich schwerlich erinnern. | |
Das könnte, positiv gedacht, ein Zeichen für die Qualität von Texten und | |
Autoren sein. Hätte man nicht den Verdacht, dass sich die Jurymitglieder | |
ganz einfach untereinander nicht zu frontal an den Karren fahren wollten: | |
Schließlich wird jeder Autor von einem der Juroren eingeladen. Ein bisschen | |
Wille zur Konfrontation wäre also mal wieder ganz schön. | |
In diesem Jahr ist es allerdings besonders schwer, Prognosen über die Jury | |
abzugeben. Wie im vergangenen Jahr besteht sie nur noch aus sieben anstelle | |
von bisher neun Juroren, ist aber durch Meike Feßmann, Paul Jandl, Karin | |
Fleischanderl und Hildegard E. Keller zu mehr als fünfzig Prozent neu | |
besetzt. Interessant wird deshalb zunächst mal sein, wie sich unter dem | |
Vorsitzenden Burkhard Spinnen die Positionen und Rollen neu verteilen | |
werden. | |
Eine Premiere ist es auch für Moderatorin Clarissa Stadler, die nach nur | |
einem Jahr Dieter Moor ablöst, der mit seinen Entertainerqualitäten zwar | |
einigermaßen geschmeidig über seinen mangelnden literarischen Sachverstand | |
hinwegzugehen verstand, aber den meisten Beteiligten und Zuhörern gehörig | |
an den Nerven rüttelte. | |
Am Ende wird das alles dann aber hoffentlich nicht für mehr Gesprächsstoff | |
sorgen als die Texte und deren Autoren, von denen einer am kommenden | |
Sonntag mit dem mit 25.000 Euro und viel Renommee dotierten | |
Ingeborg-Bachmann-Preis ausgezeichnet wird. Das Bühnenbild, in dem sich das | |
Ganze in diesem Jahr abspielt, hat übrigens das schöne Motto: "Wasser, | |
Wellen, Worte, Literatur - Bewegung, die sich ausbreitet". | |
Womit wir beim Wesentlichen wären. Falls alles schiefgeht, bleibt in | |
Klagenfurt ja immer noch eins: der türkisfarbene Wörthersee, in den der | |
Betrieb während dieser Tage traditionell seine durch Literatur mehr oder | |
minder wohl geformten Körper gleiten lässt. Und das ist doch immerhin schon | |
mal was. | |
22 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Wiebke Porombka | |
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