# taz.de -- Kommentar Spaniens Rechtsprinzip: Abschied vom Weltrechtsprinzip | |
> Spanien schafft ein Rechtsprinzip ab, nach dem weltweit | |
> Menschenrechtsverletzungen verfolgt werden konnten. Der Schritt ist | |
> richtig - schließlich gibt es einen Internationalen Strafgerichtshof. | |
Das jetzt in Spanien abgeschaffte Weltrechtsprinzip ("universal | |
jurisdiction"), wonach die Gerichtsbarkeit eines Landes Verbrechen gegen | |
die Menschlichkeit überall auf der Erde verfolgen darf, ist ein gefährlich | |
zweischneidiges Schwert. Es ermöglicht einerseits Gerechtigkeit für Opfer | |
schwerster Verbrechen, die im eigenen Land kein Gehör finden. Andererseits | |
fördert es bei konsequenter Anwendung juristischen Wildwuchs, bei dem sich | |
einzelne Untersuchungsrichter zu Richtern über die ganze Welt aufschwingen. | |
Das Ergebnis kann nur das Recht des Stärkeren sein. | |
Als der spanische Untersuchungsrichter Baltasar Garzón mit seiner | |
Einleitung eines Verfahrens gegen Chiles Militärdiktator Augusto Pinochet | |
das Weltrechtsprinzip erstmals öffentlichkeitswirksam anwandte, war das ein | |
großer Fortschritt: Es erzwang eine überfällige juristische | |
Auseinandersetzung. Aber wenn die Palette der Ermittlungen von Tibet bis | |
Ruanda reicht und von Somalias Piraten bis zur israelischen Armee, wirkt | |
das unseriös und überheblich: Ein Land räumt sich selbst Sonderrechte über | |
andere ein. Es würde sicherlich auf spanischen Protest stoßen, wenn die | |
Justiz beispielsweise in Äquatorial-Guinea ungeklärte Morde im Baskenland | |
aufrollen würde mit dem Verweis auf eben jenes Weltrechtsprinzip. | |
Seit 2002 gibt es ein Instrument zur internationalen Verfolgung von | |
Verbrechen gegen die Menschlichkeit: den Internationalen Strafgerichtshof | |
in Den Haag. Seine bisherige Arbeit ist oft widersprüchliches Stückwerk, | |
aber gerade das verleiht ihr Seriosität. Und seit es ihn gibt, angebunden | |
an Entscheidungsprozesse der UNO und der betroffenen Staaten selbst, gibt | |
es keinen Grund mehr, warum nationale Jurisdiktionen ihre Zuständigkeiten | |
überschreiten sollten. Wer Völkermord und Kriegsverbrechen weltweit ahnden | |
will, sollte Den Haag und die bestehenden UN-Tribunale stärken. | |
26 Jun 2009 | |
## AUTOREN | |
Dominic Johnson | |
## ARTIKEL ZUM THEMA |