# taz.de -- Hormone mit Nebenwirkungen: Bittere Antibabypille | |
> In der Schweiz untersucht die Arzneimittelaufsicht, ob die Antibabypille | |
> Yasmin nicht hinnehmbare Nebenwirkungen hat. Der Hersteller Bayer | |
> streitet ab, dass die Pille besonders gefährlich ist. | |
Bild: Vielleicht gefährlicher als ihr Name: Die Anti-Baby-Pille "Yasmin". | |
Yasmin, der Name dieses Verhütungsmittels klingt luftig-duftig und bedient | |
feminin wirken wollende Sprachästhetik wie sonst nur Damenbinden und | |
Yoghurtgetränke. So harmlos wie die Bezeichnung ist die Pille aus dem Hause | |
der Bayer HealthCare AG aber nicht. Im vergangenen Monat wurde der Fall | |
einer 16-jährigen Schweizerin aus Schaffhausen bekannt, die seit der | |
Einnahme des Verhütungsmittels schwer behindert ist, nicht mehr sprechen | |
kann und künstlich ernährt werden muss. | |
Auf Nachfrage des in Zürich erscheinenden Tages-Anzeigers erklärte das für | |
Arzneimittelsicherheit zuständige Bundesinstitut für Arzneimittel und | |
Medizinprodukte (BfArM) in Bonn, dass seit Zulassung des Medikaments im | |
Jahr 2000 in Deutschland insgesamt sieben Todesfällen mit der Anwendung des | |
Arzneimittels Yasmin oder dessen Wirkstoffkombination in Zusammenhang | |
gebracht werden. Dieser Umstand allerdings, so Ulrich Hagemann vom BfArM | |
zur taz, sei kein Hinweis auf ein erhöhtes Risiko speziell bei der Einnahme | |
des Präparats Yasmin. | |
Sowohl Studien der Weltgesundheitsorganisation (WHO) wie auch | |
internationale Datenbankerhebungen würden den sogenanten niedrigdosierten | |
oralen hormonellen Kontrazeptiva der dritten Generation, die seit Ende der | |
1990er-Jahre im Handel sind, kein höheres Gesundheitsrisiko bescheinigen, | |
als dies bei älteren Präparaten bereits bekannt sei. | |
Die Gefahr, eine Venenthrombose zu bekommen, sei für Frauen, die jenes | |
Präparat einnehmen, etwa anderthalbmal bis doppelt so hoch wie bei Frauen, | |
die keine Pille nehmen. Also verschwindend gering, so der Schluss der | |
deutschen Arzneiüberwacher in Bonn. Keine neuen Untersuchungen seien | |
geplant, erklärt Ulrich Hagemann. | |
Anders reagiert die Medikamentenaufsicht in der Schweiz. Das staatliche | |
Institut Swissmedic, so der Tages-Anzeiger, will nun die aktuellsten Daten | |
und Studien sowie wichtige frühere Untersuchungsergebnisse zu Risiken und | |
Nebenwirkungen verschiedener Antibabypillen analysieren lassen. | |
Nicht nur in Bonn, auch im nahe gelegenen Leverkusen ist man sich sicher, | |
dass von Yasmin keine Gesundheitsgefährdung ausgeht. Fast gleichlautend | |
hört sich die Erklärung von Michael Diehl von Bayer HealthCare an: | |
"Venenthrombosen oder Embolien sind selten bei Einnahme von | |
niedrigdosierten oralen hormonellen Verhütungsmitteln." Die Gefährdung sei | |
für Yasmin-Benutzerinnen sogar geringer als bei schwangeren Frauen. | |
Anders die Pharma-Kritiker. Die Fachzeitschrift arznei-telegramm riet schon | |
bei der Markteinführung von Yasmin zur Zurückhaltung: "Bei dieser dürftigen | |
Risikoinformation halten wir den Gebrauch von Petibelle und Yasmin für | |
nicht begründbar." Das Blatt machte auf die chemische Verwandtschaft des | |
Inhaltsstoffes Drospirenon mit Spironolakton aufmerksam, dessen | |
pharmakologische Verwendung nach Studien zum Krebsrisiko starken Auflagen | |
unterliegt. | |
Ein weiterer Kritikpunkt in der neu entflammten Diskussion um Yasmin ist | |
die Marketingstrategie von Bayer. Yasmin, so verspricht die Werbung, helfe | |
bei Akne, unreiner Haut und Problemen mit fülligem Haar. Lieber eine | |
Lungenembolie als die Haare nicht schön, mag da so mancher Teenager denken. | |
Dazu Ulrich Hagemann vom BfArM: "Wir entscheiden über die Zulassung eines | |
Arzneimittels, nicht über deren Werbeaussagen." | |
2 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Lutz Debus | |
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