| # taz.de -- Google macht Microsoft Konkurrenz: Browser wird Betriebssystem | |
| > Lange Zeit fragte sich die IT-Branche, ob Google direkt gegen Microsoft, | |
| > Apple und Linux antreten würde. Nun ist es soweit. Doch "Chrome OS" | |
| > besteht vor allem aus einem aufgeblasenen Browser. | |
| Bild: Ein Browser, der hoch hinaus soll: Google Chrome. | |
| Google bringt sein eigenes Betriebssystem auf dem Markt. Wie der Konzern in | |
| der Nacht zum Mittwoch bekannt gab, soll die "Chrome OS" genannte Plattform | |
| in der zweiten Jahreshälfte 2010 für Endkunden auf den Markt kommen und | |
| sich am gleichnamigen Browser Chrome orientieren, der seit September 2008 | |
| über 30 Millionen Mal heruntergeladen worden sei. | |
| Mit seinem eigenen Betriebssystem tritt Google erstmals direkt gegen die | |
| die IT-Szene prägende Größen wie Microsoft (Windows), Apple (Mac OS X) und | |
| die verschiedenen Linux-Versionen an. Die anfängliche Idee sei es, so | |
| Google in einem ersten Statement im offiziellen Weblog, Chrome OS auf | |
| kostengünstigen Minirechnern der Netbook-Kategorie anzubieten. "Es ist | |
| unser Versuch, neu zu denken, was ein Betriebssystem sein könnte." | |
| Noch nennt Google seine Partner in der Industrie nicht - die Chrome | |
| OS-Rechner selbst sollen aber von unterschiedlichen Firmen auf den Markt | |
| gebracht werden, nicht von Google selbst. Die Technologie läuft auf Basis | |
| der von PCs und Macs bekannten x86-Architektur, aber auch auf | |
| Mobilprozessoren vom Hersteller ARM, wie sie in zahlreichen Smartphones | |
| stecken. Chrome OS basiert dabei auf einem Linux-Kern, auf dem wiederum | |
| eine Fensteroberfläche von Google platziert wird, die eine Art Superbrowser | |
| darstellt. | |
| Anwendungen für Chrome OS sollen nicht nur auf reinen Chrome OS-Rechnern | |
| laufen, sondern sich auch mit dem ganz normalem Browser gleichen Namens | |
| abrufen lassen. Mit seinen Versionen für Windows, Mac OS X und Linux biete | |
| dieser damit "die größte Nutzerbasis jeder Plattform", so Google. | |
| Chrome OS soll nicht nur bei Google selbst entstehen, sondern in Teilen | |
| auch als quelloffener Code (Open Source) bereitgestellt werden. Damit | |
| können auch externe Entwickler an der neuen Technik mitbasteln - ebenso wie | |
| bei der Entwicklung des Google Chrome-Browsers. | |
| Mit Hinblick auf den Rest der Industrie dürfte äußerst interessant werden, | |
| wie Google Chrome OS lizenzieren wird. Es könnte, glauben Experten, äußerst | |
| kostengünstig werden, da der Internet-Riese seine Hauptumsätze nach wie vor | |
| mit Werbung generiert. Und das heisst: Je mehr Nutzer Google-Dienste | |
| nutzen, um so mehr Geld verdient der Konzern. Und natürlich ist klar, dass | |
| Google Angebote in Chrome OS besonders stark gefeaturet werden. | |
| Wie Chrome OS-Anwendungen genau aussehen werden, ist bislang noch unklar. | |
| Google dürfte sich aber stark an anderen Betriebssystemen orientieren - | |
| obwohl große Teile der Programme direkt im Internet laufen. Damit das dem | |
| Nutzer nicht weiter auffältt, wenn er einmal keinen Netzzugang hat, werden | |
| beispielsweise die letzten Nachrichten aus Google Mail oder Texte aus | |
| Google Docs auf dem lokalen System in einer Datenbank zwischengespeichert - | |
| die Technik nennt Google "Gears". Dadurch fühlt sich das Arbeiten mit | |
| Chrome OS an wie das an einem echten PC, dessen Hauptdatenmengen auf der | |
| Festplatte liegen. Sobald das Netbook wieder Kontakt zum Internet hat, | |
| werden weitere Daten nachgeladen. Das Problem dabei: Will man auf ältere | |
| Inhalte zugreifen, sind die womöglich nicht lokal zwischengespeichert. | |
| Daran will Google aber in den nächsten Monaten weiter feilen: "Wir wollen, | |
| dass die Nutzer besser mit dem Rechner umgehen können." | |
| Google hätte bei der Schaffung seines eigenen Betriebssystems noch eine | |
| andere Wahl gehabt: Mit Android vertreibt der Konzern seit Ende 2007 eine | |
| eigene Kernsoftware für Handys, die sich ohne den Mobilfunkteil auch für | |
| kompakte Rechner und günstige Multimedia-Geräte eignet. Interesse daran | |
| hatten unter anderem Acer und Dell gezeigt, auch Hewlett-Packard ließ erste | |
| Tests durchführen. Chrome OS nähert sich aber stärker der eigentlichen DNA | |
| des Internet-Riesen: Seiner Vorstellung nach ist das Netz der Rechner, was | |
| bedeutet, dass immer weniger Anwendungen lokal, auf der eigenen Maschine | |
| laufen. | |
| Wie das aussehen kann, ist bei Googles Mitarbeitern selbst seit Jahren | |
| Standard. Die nutzen für ihre E-Mails Google Mail, für ihre Dokumente, | |
| Tabellen und Präsentationen Google Docs, lagern ihre Fotos bei Google | |
| Picasa, ihre Videos bei Google YouTube und verwalten ihr Telefon mit Google | |
| Voice. All das ist von jedem Rechner der Welt aus mit einem einfachen | |
| Browser möglich, weil die dabei entstehenden Daten komplett auf den Servern | |
| des Konzerns lagern. Aus dem PC wird damit eine Abrufmaschine. "Die | |
| Menschen wollen, dass sie von überall an ihre Daten herankommen", so Google | |
| zur Mission von Chrome OS. | |
| So praktisch das auch sein mag, bringt es doch auch datenschutzrechtliche | |
| Bauchschmerzen mit sich - und ganz praktische. Was passiert beispielsweise, | |
| wenn einer dieser riesigen Server Daten verliert? Wer kontrolliert, dass | |
| Google diese zahlreichen persönlichen Daten stets korrekt absichert? Mit | |
| Chrome OS wird den Nutzern ein ganz neues Vertrauen in Google abverlangt. | |
| Derzeit sieht es ganz danach aus, dass sie es dem Konzern entgegenbringen | |
| werden. | |
| 8 Jul 2009 | |
| ## AUTOREN | |
| Ben Schwan | |
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