# taz.de -- Schlammschlacht um VW: Der Auto-Minister | |
> Revolverheld, der aus der Hüfte schießt, Vasall des Alten: Niedersachsens | |
> Ministerpräsident Christian Wulff muss sich viel über seine Rolle bei den | |
> Verhandlungen zwischen VW und Porsche anhören. | |
Bild: Der Vorstandschef von Niedersachsen: Ob als christdemokratischer Dalai La… | |
Am Donnerstag werden die Aufsichtsräte von Porsche und VW absegnen, was die | |
Spatzen von seit Tagen den Dächern pfeifen: Volkswagen schluckt Porsche. | |
Für Christian Wulff, den "Vorstandschef von Niedersachsen", der sich | |
ungewohnt stark für VW in die Bresche geworfen hatte, eigentlich ein | |
Triumph, aber ein richtiger Gewinner sieht anders aus. | |
Auf die Frage der Wirtschaftswoche, ob sein Engagement in Sachen VW nicht | |
nach "Filz" rieche, gab Christian Wulff gestern wieder einmal den | |
christdemokratischen Dalai Lama: "Der Staat als Dienstleister? Ein | |
kommunikativer Ministerpräsident? Das ist Politik im Interesse der | |
Unternehmer und ihrer Mitarbeiter. Ich stelle fest, dass das Verhältnis von | |
Politik und Wirtschaft viel besser geworden ist." Ein Statement so | |
freundlich wie nichtssagend - und luzide. Denn bei Porsche in Zuffenhausen | |
sieht man das naturgemäß ganz anders. Uwe Hück, seines Zeichens | |
Betriebsratsvorsitzender, liefert sich seit Monaten mit Wulff einen | |
verbalen Infight ohne Handschuhe. Einen "Revolverhelden, der aus der Hüfte | |
schießt", nannte Hück den Krawattenmann des Jahres 2006, der so viel Wert | |
auf sein moderates Image legt. | |
Selbst die Süddeutsche Zeitung attestierte Wulff, sich "zuletzt verhalten | |
zu haben wie ein Vasall des Alten". Mit dem "Alten" gemeint war Ferdinand | |
Piëch, Porsche-Erbe und VW-Aufsichtsratschef mit Ambitionen als | |
Alleinherrscher "des größtes Autokonzerns der Welt" in die Geschichtsbücher | |
einzugehen. Piëch, so vermuten die SZ-Reporter, habe seine Interessen in | |
der Sache längst nicht selbst aufsagen müssen, sondern gleich in die | |
Staatskanzlei gemailt. | |
Zumindest ist die Kehrtwende des Hannoveraners bemerkenswert. Wiedeking | |
hatte ihn schon 2004 in einem Vier-Augen-Gespräch über den projektierten | |
Porsche-Einstieg bei VW informiert. Wulff gefiel das wohl. Verlierer wäre | |
Piëch gewesen, mit dem er wegen der Entlassung des damaligen | |
Volkswagen-Bosses Bernd Pietschesrieder über Kreuz lag. Nach dem | |
Porsche-Einstieg hätte Piëch wohl seinen Aufsichtsratsposten räumen müssen. | |
Als Nachfolger wäre selbstredend nur einer in Frage gekommen: Christian | |
Wulff. Aber die Sachlage änderte sich radikal, als 2008 klar wurde, dass | |
Porsche eine feindliche Übernahme plant. Voraussetzung für den Coup war: | |
das VW-Gesetz musste fallen. Es räumt Niedersachsen eine 20-prozentige | |
Sperrminorität ein, ohne die bei VW nichts geht. Wiedeking setzte auf die | |
EU-Wettbewerbsdirektion, die angekündigt hatte, das Gesetz zu Fall zu | |
bringen. | |
Wulff setzte auf Kanzlerin Angela Merkel. Am 15. April 2008 trafen sich die | |
beiden in Charlottenburg beim Italiener "Sale e Pepe". Beim Nachtisch kam | |
Wulff aufs Wesentliche. Er erklärt der Kanzlerin, was Staatskanzlei- und | |
VW-Juristen schon bis ins Detail ausgearbeitet hatten. Dass sich das | |
VW-Gesetz verändern lässt, wie die EU es verlangt, ohne die in der Satzung | |
festgeschriebene Sperrminorität des Landes anzutasten. Merkel schrieb sich | |
alles auf, brachte den Entwurf ins Kabinett und der Bundestag ließ die "Lex | |
Wulff" mit 80 Prozent der Stimmen passieren. Dass er dabei seine Finger im | |
Spiel haben könnte, wies Wulff weit von sich: "Solch eine überwältigende | |
Mehrheit kann ein kleiner Ministerpräsident gar nicht organisieren". Und | |
lächelt als ob er kein Wässerchen trüben könnte. | |
Konnte er aber doch. Als Wiedeking nicht nachließ und sich das Golfemirat | |
Katar als Investor ins Boot holte, drohte er unverhohlen mit "meinen sehr | |
guten Kontakte zu arabischen Investoren". Fortan quengelte Wulff fast | |
wöchentlich "Porsche müsse einer Fusion zustimmen" oder erzählte im | |
CDU-Präsidium der Autobauer sei sei so gut wie gekauft, während seine | |
Spin-Doktoren die Mär in den Redaktionen verbreiteten. | |
Nun wird Wulff wie es aussieht zu den Gewinnern der Schlammschlacht | |
gehören. Ein wenig Dreck bleibt bei einer solchen Schlacht aber selbst bei | |
einem Saubermann wie Wulff doch immer kleben. Vor allem, wenn ein neues | |
EU-Präsidium das VW-Gesetz eines Tages noch kippen sollte. Dann gehört | |
alles Herrn Piëch allein, und Niedersachsen guckt in die Röhre. | |
20 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Michael Quasthoff | |
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