# taz.de -- Kommentar Steuerverschwendung: Die Wähler müssten es mal merken | |
> Ein Dienstwagen im Urlaub geklaut, schon ist der Skandal da. Wenn aber | |
> der Bundestag 102 Milliarden Euro Steuern für eine Bank genehmigt, bleibt | |
> die Öffentlichkeit kühl. | |
Es ist zum Verzweifeln. Sobald es einfach wird, rollt die Empörung: Eine | |
Ministerin, ihr Dienstwagen im Urlaub geklaut, und schon ist der | |
karrierebedrohende Skandal da. Wenn hingegen im | |
Bundestags-Untersuchungsausschuss über das Wann und Wie von 102 Milliarden | |
Euro Steuergeldern für die Bank Hypo Real Estate geforscht wird, bleibt die | |
Öffentlichkeit kühl. | |
Es kommt ja auch nichts Griffiges dabei heraus: Der Minister und seine | |
Staatssekretäre waschen ihre Hände in Unschuld. Die Bankenaufsicht hat die | |
HRE geprüft, etwas festgestellt und auch nach oben gemeldet, aber irgendwie | |
alles nicht so gemeint. | |
Und dankenswerterweise ist ja auch in wenigen Wochen die Wahlperiode zu | |
Ende, danach muss jede Untersuchung im Bundestag wieder von vorne anfangen. | |
Das werden alle Verantwortlichen aussitzen. | |
Was bleibt: Der Staat hat mit etwa 100 Milliarden gebürgt und gezahlt, die | |
Privatwirtschaft in weit geringerem Maße. Die Rede ist von 15 Milliarden | |
Euro durch die deutschen Banken. Aber Genaues weiß man nicht, denn viele | |
Akten sind und bleiben vertraulich. Der Staat hilft einer privaten Bank aus | |
der Patsche, verstaatlicht sie schließlich, jeder der 82 Millionen | |
Bundesbürger bürgt im Schnitt mit 1.200 Euro - und niemand erfährt die | |
Details. Wessen Karriere bedroht dieser Skandal? In der Politik | |
offensichtlich niemandes. Die Banker verdienen sogar auf lange Frist an dem | |
Deal: Sie geben der geretteten HRE munter Kredite und kassieren die Zinsen | |
voller Zuversicht, denn die Bundesregierung bürgt ja dafür. Mit dem Staat | |
Geschäfte machen macht einfach richtig Spaß. | |
Wenn Bundesministerin Ulla Schmidt bei der Gesundheitsreform ähnlich wenig | |
zustande gebracht hätte wie das Kanzleramt und das Finanzministerium bei | |
der Finanzkrise, wäre sie schon längst weg. Wo bleiben denn nun die | |
veränderten Börsenregeln, die Börsenumsatzsteuer? Wo die Vereinbarungen zur | |
Offenlegung und Standardisierung der ganzen Derivate, die die Misere | |
ausgelöst haben? Wo bleibt eine wirksame Gesetzgebung zu den versagenden | |
Prüfern, den Rating-Agenturen? Es ist nichts in Sicht. Zwei Tage vor den | |
Bundestagswahlen endet der Weltfinanzgipfel von Pittsburgh, USA. Wenn dort | |
wieder nichts passiert, hat diese Bundesregierung eine Bestrafung durch die | |
Wähler wahrlich verdient. Die müssen es nur noch merken. | |
29 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Reiner Metzger | |
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