# taz.de -- Streit der Woche: Nicht von schlechten Eltern | |
> Baron zu Guttenberg ist der Shooting-Star der deutschen Politik - Maja | |
> von Hohenzollern sieht ihn schon als Kanzler, Jutta Ditfurth vermutet | |
> dahinter den Geist des Untertanen. | |
Bild: Der Wirtschaftsminister kann auch ganz locker sein - trotz Adelstitel. | |
BERLIN taz | Maja Prinzessin von Hohenzollern sieht den jetzigen | |
Wirtschaftsminister zu Guttenberg in vier Jahren als Kanzlerkandidaten. Die | |
TV-Moderatorin schreibt im "Streit der Woche" der sonntaz, zu Guttenberg | |
sei wegen seiner hervorragenden Bildung, seines stilvollen Habitus und | |
seines kompetenten Handelns beliebt: "Es gibt derzeit wohl keinen Politiker | |
in Deutschland, der über ein so vollkommenes "Komplettpaket" verfügt wie | |
er", schreibt die geschiedene Prinzessin weiter. | |
Außerdem punkte zu Guttenberg mit seinem Charme, seiner Rhetorik, | |
"geschliffenen" Manieren und dadurch, dass er seinem Amt entsprechend | |
würdig gekleidet sei, schreibt von Hohenzollern. Er "imponiert auch als | |
Privatmann mit perfektem Klavierspiel, einer intelligenten Frau und als | |
Vater". | |
Zu Guttenberg bilde einen Kontrast zu den "grauhaarigen, unmotivierten, | |
Hochwasserhosen und Micky-Maus-Schlips tragenden Berufspolitikern" und sei | |
einer der wenigen, die das Potenzial haben, "Politikverdrossenheit von | |
Jugendlichen zu ändern sowie die stetig sinkende Wahlbeteiligung zu | |
stoppen". | |
Auch die Autorin und Fernsehproduzentin Beate Wedekind, ehemalige | |
Chefredakteurin der Zeitschrift "Bunte" schreibt in der sonntaz, dass | |
Deutschland mehr Politiker vom "Typ-Guttenberg" brauche. "Er kann Inhalte | |
an den Mann bringen und Nähe herstellen. Er verfügt über ein enormes | |
Identifikationspotenzial, vielleicht gerade weil er ein von und zu ist." | |
Jutta Ditfurth, Publizistin und Politikerin (ÖkoLinX), sieht hingegen | |
keinen selbstverständlichen elitären Anspruch des Adels in der | |
Gesellschaft. Dem Adel besondere Fähigkeiten zuzuschreiben "ist untertänig, | |
kleinbürgerlich und passt zu den entsolidarisierten, sich ihrer selbst | |
nicht mehr bewussten Arbeitern, die bei Schaeffler und Porsche ihren | |
Kapitaleignern schluchzend um den Hals fallen, anstatt sie zum Teufel zu | |
jagen", schreibt die Soziologin, die das "von" bereits in jungen Jahren aus | |
ihrem Namen gestrichen hatte. | |
"Der Untertan modernisiert sich und bleibt doch - Untertan" resümiert Jutta | |
Ditfurth in der sonntaz, während "der Adel über tausend Jahre gelernt hat, | |
sich jeder Herrschaft anzupassen - zum Nachteil von Juden, Bauern, | |
Afrikanern, Sozialisten." | |
"Wir brauchen nicht mehr Adel in der Politik sondern Politiker, die eine | |
soziale Idee adelt", schreibt denn auch Bodo Ramelow, der Spitzenkandidat | |
der Linken für die Landtagswahlen in Thüringen. Wie Jutta Ditfurth steht er | |
den Umfragewerten des Wirtschaftsministers zu Guttenberg kritisch | |
gegenüber: Das Ansehen der politisch Herrschenden sei so tief gesunken, | |
dass sich Menschen nach einer kaiserlichen Vergangenheit zurücksehnen, | |
schreibt Ramelow in der sonntaz. | |
Doch viele würden übersehen, "dass zu Guttenberg der Prototyp eines | |
aalglatten, allzeit gut gegelten Politikers ist, der sich vor allem durch | |
unterlassene Hilfeleistung wie bei Opel oder Karstadt auszeichnet." | |
Nichtssagende Statements würden zwar elegant vorgetragen, doch keiner | |
merke, dass der Inhalt grundfalsch sei, schreibt Ramelow: "Mit Mantel- | |
und-Degen-Romantik, einem verklärten Ehrbegriff, dem Schmiss im Gesicht und | |
ererbten Privilegien wird Deutschland nicht sozial gerechter." | |
Im "Streit der Woche" schreiben außer von Hohenzollern, Wedekind, Ditfurth | |
und Ramelow der Geschäftsführer des Deutschen Adelsverbandes Heiko Nowak | |
Graf von Roit, taz.de-Leser Andreas Greiner und Deutschlands erstes | |
internationales Topmodel und "Blow-up"-Schauspielerin Vera von Lehndorff | |
(Veruschka), die in ihrem Beitrag in der sonntaz dazu auffordert, aus der | |
Geschichte Lehren zu ziehen, und vor Mode in der Politik warnt. | |
31 Jul 2009 | |
## AUTOREN | |
Khalid El Kaoutit | |
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