# taz.de -- Debatte um Festivals: Off-Kunst von oben | |
> Zwischen den Machern der Kunstfestivals "Subvision" und "Wir sind | |
> woanders" in Hamburg ist heftiger Streit entbrannt. Dabei geht es unter | |
> anderem um Ideenklau. | |
Bild: Will die ausländischen Kollegen über die Off-Szene informieren: der Kun… | |
Haben Sie schon einmal ein Graffito in der Hafencity gesehen? Ein bisschen | |
Straßenkunst oder sonstig Subversives? Nein, der Stadtteil wirkt so clean | |
wie die Architekturmodelle, denen er entsprang. Doch die Marketingabteilung | |
der Hafencity GmbH will an diesem Image drehen. | |
Rund 170.000 Euro investiert die Kooperation "Kunst und Kultur in der | |
Hafencity" für das Off-Kunst Festival "Subvision", das Kunsthalle, | |
Deichtorhallen und die Hochschule für Bildende Künste (HfbK) vom 26. August | |
an auf dem Strandkai veranstalten. Der Plan ist, auf dem 10.000 | |
Quadratmeter großen Festivalgelände - derzeit Brache - ein Künstlerdorf aus | |
Containern zu errichten. Zehn Tage lang soll es als Kommunikationsfläche | |
für Off-Künstler dienen. Eingeladen sind über 30 Künstlerinitiativen aus 19 | |
Ländern. | |
Doch die Hamburger Off-Szene ist davon nicht begeistert. In einer von | |
zahlreichen Künstlern unterzeichneten Erklärung im Internet heißt es, die | |
Initiatoren bauten mit der linken Hand etwas auf, "das sie mit der rechten | |
untergraben und zugrunde richten". Allein vier Blogs dienen ausschließlich | |
der kritischen Auseinandersetzung mit "Subvision". "Off-Kunst und Hafencity | |
- das ist doch ein Widerspruch in sich", sagt Michel Chevalier, einer der | |
Wortführer. Brigitte Kölle, Kuratorin von "Subvision", kann diese Kritik | |
nicht ganz nachvollziehen. Es gebe zwar einen Widerspruch zwischen | |
Off-Kunst und der gerade zum Exklusiv-Viertel mutierenden Hafencity, "aber | |
genau das macht das Festival doch interessant: Wir wagen uns in die Höhle | |
des Löwen, um uns mit ihm auseinanderzusetzen". | |
Chevalier fühlt sich dagegen eher an einen Zoo erinnert: "Die Künstler | |
werden säuberlich auf das Festivalgelände gesperrt und dort für eine | |
begrenzte Zeit ausgestellt." Aktionen mit bleibenden Charakter seien | |
dagegen unerwünscht. | |
Auch Martin Köttering, Präsident der HfbK und künstlerischer Leiter von | |
"Subvision", räumt zwar ein, "dass es wie bei jedem Festival einen | |
organisatorischen Rahmen gibt". Inhaltlich seien den Künstlern jedoch keine | |
Grenzen gesetzt. | |
Die schärfste Kritik an "Subvision" kommt allerdings von seiten des "Wir | |
sind woanders"-Festivals, das gleichfalls in diesen Tagen begann. Dessen | |
Initiatoren - Hamburger Off-Künstler, von denen die meisten nicht zu | |
"Subvision" eingeladen wurden - laden gleichfalls internationale | |
Off-Künstler ein und fühlen sich um ihre Idee betrogen. "Das Konzept, das | |
,Subvision' bei der Kulturstiftung des Bundes eingereicht hat, ist eine | |
fast exakte Kopie unseres Konzepts", sagt Ulrich Mattes, einer der | |
Organisatoren von "Wir sind woanders". "Doch während wir aus einer | |
basisdemokratischen Initiative entstanden - also wirklich ,off' sind - ist | |
,Subvision' einfach nur Kommerz." Letztlich werde "Subvision" von der | |
Hafencity als imageträchtiges Aushängeschild genutzt, so Mattes. | |
"Subvision"-Macher Köttering weist das von sich: "Viele der eingeladenen | |
Künstler werden sich kritisch mit dem Bauvorhaben der Hafencity auseinander | |
setzten." Dass könne dann ja wohl kaum imageträchtig für die Hafencity | |
sein. Doch auf die Frage, ob "Subvision" also eventuell einen Imageverlust | |
für die Hafencity bedeuten könne, antwortet Köttering mit einem | |
entschiedenen "Nein". | |
9 Aug 2009 | |
## AUTOREN | |
Johann Tischewski | |
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