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# taz.de -- Dokureihe über 80er Jahre: Suche nach dem Sound der Zukunft
> Punk ist die Keimzelle der Jugendbewegungen in den 80ern. Mit "Welcome to
> the 80s" bietet Arte ab Dienstag einen Einsteigerkurs in sechs Lektionen
> an (22.55 Uhr).
Bild: Auch Michael Jackson feierte in den 80er Jahren seine großen Erfolge.
Dunkle Bilder zeigen zittrige Bewegungen und eine Ahnung von Aufruhr.
Menschenmassen marschieren über den Bildschirm und lassen sich zu sperriger
Musik gehen. Johnny Rotten, Sänger der Sex Pistols, schreit: "Anger is an
energy!" Seine wahnsinnigen Augen und roten Haare spiegeln sich in der
Kamera. Die Jugend hat klar definierte Feindbilder und bittere
Zukunftsängste.
"Postpunk & Neue Deutsche Welle", die erste Folge der Arte-Dokureihe
"Welcome to the 80s", zeigt, wie es zu den Jugendbewegungen der 80er kam -
durch Punk: "Man musste sich aus Konventionen rausentwickeln. Bei jedem
Bild, wo ein Mädchen eine kaputte Strumpfhose anhatte oder einen Tampon als
Ohrring im Ohr, dachte ich: weiter, mehr, mehr!", erklärt Inga Humpe, heute
Sängerin von 2raumwohnung. Ihre Stimme wird unterlegt mit Bildern von
entschlossenen Gesichtern. Doch die Kommerzialisierung führt zum Untergang
der Punkrevolution. Aus der Asche entstehen Postpunk und Neue Deutsche
Welle.
"Welcome to the 80s" verbindet Musik und Geschichte - und umreißt so ein
Jahrzehnt der Jugendkulturen. Zeitzeugeninterviews werden von historischem
Bildmaterial unterbrochen. In England manifestieren sich gesellschaftliche
Umbrüche in Straßenschlachten; man sieht panische Menschen in Zeitlupe
voreinander wegrennen. Auch die Musik ist politisch und unangepasst - keine
Band bleibt neutral. Intensive, kurze Bühnensequenzen zeigen energetische
Künstler, die auf der Suche nach dem Sound der Zukunft sind. Schwitzende
Mengen suchen den direkten Kontakt zum Klang; die Musik ist brutal, aber
intim.
Tanzen wird zu Schubsen und die Musik zum Rausch im verrauchten
Bühnenlicht. Musiker positionieren sich gegen Rechtsextremismus und für
soziale Gerechtigkeit. Lynval Golding von der Band The Specials spinnt den
Faden zur Neuzeit: "30 Jahre später sind die alten Themen wieder da. Die
Teilung zwischen Arm und Reich wird immer krasser werden." In Amerika sind
es Formationen wie Devo, die in ironischer Manier mit Plastikanzügen und
dadaistischem Minimalismus Gesellschaftskritik üben. In Deutschland spielen
D.A.F. und die Einstürzenden Neubauten in dreckigen Klubs, wie
elektrisierende Bilder zeigen.
Doch auch Vermarktung gehört zu den 80ern - Künstlerisches und Künstliches
stehen nah beieinander. Postpunkstücke von den Fehlfarben und Ideal werden
zu Welthits. Gezeigt wird die Band Trio, die sich im bunten Flackern der
ZDF-Hitparade gekonnt minimalistisch gibt ("DaDaDa"), und durch
internationale Erfolge die erneut tödliche Kommerzialisierung vorantreibt.
Eine andere Folge der Dokureihe greift dieses Thema auf; in "Charts, Clips
und Kommerz" sieht man mediale Kunstfiguren wie Michael Jackson und Madonna
auf MTV bei der Selbstinszenierung zu, das Image wird zum Leitmotiv. Den
Höhepunkt der Formfixierung bildet das Popduo Milli Vanilli: In
schwarz-weiß gestreiften Leggings taten sie bloß so, als würden sie singen.
Die Dokumentation offenbart ein Zeitalter der Widersprüche: Die 80er -
irgendwo zwischen glitzerndem Kommerz und künstlerischer Tiefgründigkeit.
Schnelle Schnitte demonstrieren die Kurzlebigkeit der Kultbewegungen. Die
Interviewten betonen die Kraft der Umbrüche: "Einer der Gründe, warum viele
Leute so verzweifelt zurückblicken, ist, dass die Kultur heute so
oberflächlich ist. Ich bin mit Musik aufgewachsen, die Gedanken veränderte.
Heute ändert man zur Musik höchstens noch die Turnschuhe", sagt DJ und
Filmemacher Don Letts. Leidenschaftliche Nostalgie scheint dabei beständig
durch den Diskonebel.
11 Aug 2009
## AUTOREN
Katia Meade
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