# taz.de -- Firma betreut E-Mail-Account nach Tod: Passwörter aus dem Jenseits | |
> Was passiert mit Internet-Inhalten, wenn der Ersteller verstirbt? Wer | |
> schließt das Weblog, wer die E-Mail-Accounts? Mehrere US-Firmen bieten | |
> nun Dienste an, die die virtuelle Grabpflege erleichtern sollen. | |
Bild: Wer sich nach dem eigenen Ableben virtuelle Grabpflege wünscht, kann sei… | |
Ein bisschen makaber ist es ja schon, sich bereits vor dem Tod darum zu | |
kümmern, was mit den eigenen Internet-Inhalten nach dem eigenen Ableben | |
passiert. Schließlich will kaum jemand mit der Tatsache konfrontiert | |
werden, dass das Leben endlich ist - schon gar nicht im Internet, in dem | |
der Mensch scheinbar zum Datensatz transzendiert. | |
Dabei kann das virtuelle Erbe durchaus signifikante Bedeutung haben. Je | |
mehr wichtige Daten Menschen im Internet ablegen, umso wichtiger ist es, | |
dass ihre Angehörigen nach dem Ableben der Person die Möglichkeit haben, | |
virtuelle Grabpflege zu betreiben - das Facebook-Profil zu löschen, alte | |
E-Mails mit möglicherweise wichtigen Informationen abzurufen, Bilderarchive | |
bei Flickr einzusehen oder der Welt einfach über den Twitter-Kanal des | |
Verstorbenen mitzuteilen, dass er verstorben ist. | |
Mehrere amerikanische Online-Firmen haben sich inzwischen darauf | |
spezialisiert, Angehörigen die Verwaltung des digitalen Erbes zu | |
erleichtern. Sie nennen sich [1]["Asset Lock"] ("Schloss für den | |
Nachlass"), [2]["Deathswitch"] ("Todesschalter") oder [3]["Legacy Locker"] | |
("Vermächtnis-Schließfach") und haben alle das Ziel, gegen Gebühr wichtige | |
digitale Informationen zu sichern, die im Todesfall des Kunden dann an die | |
Angehörigen oder eine andere auserwählte Person weitergegeben werden. | |
So bietet [4]["Legacy Locker"] für 30 Dollar im Jahr (300 für das ganze | |
Leben) die Möglichkeit, alle wichtigen Online-Dienste-Zugänge an einem | |
zentralen Ort zu speichern. Laut dem Anbieter aus San Francisco wird all | |
das mit höchster Sicherheitsstufe verschlüsselt und verwaltet - egal ob es | |
der Zugang zum eigenen Blog, der iTunes-Account mit der Musiksammlung, das | |
Berufsprofil bei LinkedIn oder das Postfach bei Google Mail ist. Dann muss | |
der Nutzer noch einen oder mehrere Empfänger definieren und klären, wer von | |
diesen welche Zugänge erhalten soll. Im Todesfall können sich die | |
Angehörigen dann an den Dienst wenden und mit Hilfe des Totenscheins | |
Zugriff auf die vorher festgelegten Daten erlangen. | |
"Deathswitch" funktioniert etwas anders. Hier geht es darum, seinen | |
Angehörigen wichtige Informationen im Todesfall zu übermitteln - etwa | |
Dinge, die man ihnen immer schon einmal sagen wollte. Dazu bedient sich der | |
Anbieter, der auch einen Passwortspeicher anbietet, einer Art | |
"Totmanntaste": Der Dienst fragt regelmäßig Zugangsdaten vom Nutzer ab, die | |
dieser innerhalb einer bestimmten Zeit liefern muss, um als "noch am Leben" | |
zu gelten. Reagiert sie oder er nicht, nimmt "Deathswitch" an, dass der | |
Kunde verstorben ist - und es werden die zuvor gespeicherten | |
Nachlass-E-Mails an die gewünschten Empfänger abgesendet. Für diese | |
"Sicherheitsschaltung" verlangt der Anbieter 20 Dollar pro Jahr, bietet | |
aber immerhin eine Botschaft gratis an. | |
"Asset Lock" arbeitet wiederum als eine Art elektronisches Schließfach, das | |
ein wenig wie ein Notar funktioniert. Der Nutzer hinterlässt ihm wichtige | |
Daten, etwa zu Besitztümern oder gewünschten Erbverteilschlüsseln, und | |
hinterlegt sie dann bei dem Angebot. Beworben wird der Dienst unter anderem | |
damit, dass er sicherer sei als das Ablegen des Testaments einfach im | |
Schreibtisch. Ganz billig ist das Angebot auch hier nicht: 80 Dollar im | |
Jahr, 240 Dollar für die Lebenszeit in der höchsten Angebotsstufe mit 5 | |
Gigabyte Speicherplatz. "Wo ist der Schlüssel zu Ihrem Bankschließfach? Was | |
ist Ihre Schrankkombination im Fitnessclub?", fragen die "Asset | |
Lock"-Betreiber. "Wir organisieren Ihr Leben für Sie, so dass die wichtigen | |
Dinge für diejenigen, die sie brauchen, im Falle eines plötzlichen Todes | |
vorhanden sind." | |
Egal für welchen Dienst sich ein Nutzer dann letztlich entscheidet | |
(möglicherweise tut es ja auch einfach ein an einem bestimmten Ort | |
abgelegter Brief mit allen Passwörtern) - dass der Tod Teil des Netzes ist, | |
kann man inzwischen selbst bei hippen Web 2.0-Angeboten wie Twitter | |
mitbekommen. Bill Mays, ein bekannter amerikanischer Fernsehwerber, | |
versorgte seine Fans regelmäßig über den Kurznachrichtendienst mit neuesten | |
Infos. Seine letzte Nachricht war der Hinweis, dass er gerade eine schwere | |
Flugzeuglandung mit geplatzten Reifen hinter sich hatte. Etwas später | |
verstarb er an einem Herzinfarkt. Sein Sohn führt seither seinen | |
Twitter-Kanal weiter. | |
21 Aug 2009 | |
## LINKS | |
[1] http://www.assetlock.net/ | |
[2] http://deathswitch.com/ | |
[3] http://legacylocker.com/ | |
[4] http://legacylocker.com/ | |
## AUTOREN | |
Ben Schwan | |
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